von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

Grünkohl – vielfältiges Wintergrün

Grünkohl – vielfältiges Wintergrün

Conrad Bölicke ist Aufklärer und Bewahrer. „Ich will zeigen, was wir verlieren, wenn wir uns nicht darum kümmern“. Deswegen wachsen auf einem Feld in Wilstedt nahe Bremen „Nero di Toscana“, „Rote Palme Holterfehn“ oder „Niedriger von Rosenweide“ – Grünkohl.   

 

Etwa ein Dutzend Grünkohlsorten zieht der Norddeutsche. Klingt viel? Tatsächlich gibt es über 200 Sorten. 

 

 

Autor Oliver Zelt, Fotos Oliver Zelt,
Foto oben: © foodhunter

 

 

Conrad Bölicker ist kein Bauer, der Kohl gedeiht auch nicht auf einem Riesenacker, sondern im Schaubeet. Vor allem Köche holen sich ab und zu ein paar Blätter, wenn sie wie der Hamburger Thomas Sampl den Städtern Erstaunliches präsentieren und ihre Gäste ganz im Sinne Bölickes aufklären wollen.

 

Grünkohl ist ein gesundes Gemüse und ein vielfältiges, denn er gibt ihn mit krausen oder glatten, harten oder weichen Blättern, mit hohem oder niedrigem Stamm. Und Grünkohl ist keineswegs nur grün.

 

Spätestens seit die Amerikaner den Grünkohl als Fitnessfutter entdeckt haben liegt er auch hierzulande nicht nur in der norddeutschen Tiefebene auf dem Teller. Das Arme-Leute-Essen steigt in die gehobene Küche auf.

Der Grünkohl hat seine beste Zeit, wenn uns Nieselregen und Nachtfrost Ende November nerven. Sind ansonsten die klassischen Wintergemüse meist leicht bitter sind, ist der Grünkohl eigentlich ein Süßer, denn bei Kälte und Licht steigt der Zuckergehalt der Blätter.

 

Links: Harm Watjes. Rechts: Nero di Toscana

 

Im südlichen Ostfriesland wohnt ein anderer Retter norddeutscher Kulturgeschichte. Reinhard Lühring in Rhauderfehn.

 

Für das Revival sucht Reinhard Lühring nach der Vergangenheit. Jeder Hof hatte seine eigene Familiensorte. Immer wieder fährt Lühring mit seinem Motorrad durch Ostfriesland und guckt über den Gartenzaun nach Grünkohlbüschen. Meist darf er dann eine Staude mitnehmen. Nach den Fundorten nennt er sie „Eilsumer Palme“ „Wybelsumer Palme“ oder „Logabirumer Palme“.

 

Jede Grünkohl-Pflanze ist ein eigener Charaktere, jede Landsorte ist eine eigene Persönlichkeit. Zudem sind sie robust,  weil sie sich über Jahre optimal an den Standort angepasst haben.”

 

Lühring züchtet mittlerweile 50 unterschiedliche Grünkohlsorten.

 

Der Bauer schätzt, zwischen Ems und Elbe gibt es 200 Sorten, die er noch nicht entdeckt hat. Die legendäre Ostfriesische Palme kann bis zu 1.80 Meter hoch werden. Palme deshalb, weil die Blätter von unten nach oben abgezupft werden und ein Wedel übrig bleibt.

Der Strunk steht über den Winter auf dem Feld. Im Frühjahr treiben an den Blattnarben zarte Knospen aus die wie kleine Röschen aussehen. Kurz gekocht sind sie nicht nur für Conrad Bölicke „eine echte Delikatesse“.

 

Links: Niedriger von der Rosenweide. Rechts: Rote Palme Holterfehn

 

Foodhunter Tipp: Grünkohl aus dem Wok

Grünkohl wird meist mit deftigen Gerichten assoziiert, mit Partnern wie Mettwurst oder Kasseler, angeschwitzt in Gänseschmalz.

Aber das edle Grün kann auch anders. Foodhunter wirft den gezupften und von harten Stängeln befreiten Grünkohl gerne in den Wok. Kombiniert mit Knoblauch, Chili, Zwiebeln (alles klein gehackt) und gewürzt mit Sojasauce, Limettensaft wird daraus schnell ein leichtes Mahl oder eine asiatisch angehauchte Beilage zu Wildfanggarnelen oder einem gut gemachten Steak.

 

Grünkohl lila, violett, Scarlet Purple. © foodhunter
Essbarer „Palmenhain” – Grünkohl. © foodhunter

 

Grünkohl-Rezepte: Quiche und Ravioli

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