In Toblach im Hochpustertal verbrachte Gustav Mahler seine Sommerfrische, hier kam Chris Oberhammer zur Welt. Und alle, die gerne gut essen, werden früher oder später im „Tilia“ ankommen und reservieren. Das muss man auch. Denn es gibt nur fünf Tische. Chris Oberhammers neues Lokal, eröffnet 2010, ist ein moderner Glaskubus im Park des ehemaligen Grand Hotels Toblach.
Das gewaltige historische Luxushotel im Hintergrund hatte vor mehr als hundert Jahren mit illustren Gästen wie Gustav Mahler seine besten Zeiten. Bei Chris scheint dies nun mit dem Tilia der Fall zu sein. Er ist wieder zurückgekehrt an den Ort, von dem er einst auszog, um sich durch die besten Adressen der Gastronomie von Belgien über Frankreich bis Monte Carlo zu kochen. Dort war er bei Alain Ducasse, im kulinarischen Olymp.
Meine Schritte versinken in weichen, braunen Teppichen, die alle Geräusche dämpfen. Aus den Boxen schmettert ein Sopran eine melancholische Ballade. Ich schaue mich um und bin verwirrt. Im Tilia, gibt es keine Weinkarte, nicht mal Tischdecken, alles ist entgegen dem Bild, das ich von einem Sternekoch habe. Ja, das will Chris so. Denn Sternekoch war er lange genug. 2001 eröffnete er sein erstes Tilia, in Obervintl, Er wurde gelobt, bepunktet, mit einem Stern dekoriert, der zweite war bereits angekündigt.
Aber ihm wurde klar, das ist alles zu wuchtig und eine enorme Belastung. Ein 15-köpfiges Team, jährlich allein € 40.000 Heizkosten, der Druck der Banken. Er „stieg aus dem Hamsterrad aus“ und wies sogar den zweiten Michelin Stern zurück. Jetzt macht er das, was er am liebsten macht. Er ist frei von betriebswirtschaftlichen Zwängen und steht am Herd, um zu „erneuern, verbessern und überraschen“. Das gelingt ihm am besten mit seinem 4-Gänge-Überraschungsmenue. Es ist ein bisschen wie bei einem gutem Freund zum Essen eingeladen zu werden. Tilia heißt übrigens Linde. Der Baum gilt als Symbol der Bescheidenheit.