von foodhunter
Kategorie: Esskultur / Restaurants

Schwingshackl, Blutente und der Ordre des Canardiers

Schwingshackl, Blutente und der Ordre des Canardiers

Wir sind bei Erich Schwingshackl in Rebling bei Deggendorf. Er ist Maître Canardier – wie auch Albert Meilhaus, dessen erlesene Sammlung an Entenpressen weltweit einzigartig ist und zu einem besonderen Abend geladen hat. Der Anlass: die Intronisation auserkorener Botschafter der Blutente, den sogenannten Gentilhommes und Dames Canardiers“.

 

Autorin Sabine Ruhland
Fotos © foodhunter

 

Albert Meilhaus, Münchner Unternehmer, Gourmet, Weinkenner und arrivierter Sammler mit einer beeindruckenden Kollektion feinster Entenpressen, Esskulturschaffender und ”Consul d’Allemagne Ordre des Candardiers“  ist Gastgeber des Abends, der einem französischen Traditionsgericht gewidmet ist: der Blutente – und jenen, die dieses kulturelle Erbe bewahren und das Rezept weitertragen.

Mitglieder des Ordens der Canardiers sind Gourmets, die den Titel „Maîtres Canardiers“ erhalten und Freunde die sich für die Gastronomie von Rouen einsetzen und den Titel „Dames“ oder „Gentilhommes Canardiers“ erhalten. Der Titel „Canardier d’Honneur“ kann an Persönlichkeiten verliehen werden, die zum Einfluss des Ordens beitragen“, erklärt Patrice Thomas, Präsident des Ordre des Canardies, der an diesem Abend ebenfalls zu Gast ist.

 

Albert Meilhaus (Mitte), ”Consul d’Allemagne Ordre des Candardiers“  ist Gastgeber des Abends. Links: Katharina Schwingshackl, rechts Philipp Meilhaus.

 

Das Menü: Huldigung der französischen Esskultur

 

Wie so oft bei den Franzosen, beginnt die Geschichte als Liebesgeschichte – zwischen wilden Erpeln die auf ihrem Vogelzug Rast machten hinter den schützenden Kreidefelsen bei Duclair im Val de Seine und dort auf die erwartungsfrohen Hofenten trafen.

 

Der ‚wilden‘ Beziehung entsprang ein besonderes Kind, die Canard à la Rouennaise bzw. Rouen-Ente, eine einzigartige Rasse von stattlicher Größe, mit starker Brust, kleinen Schenkeln und von bester Fleischqualität. Sie wurde zu einem Qualitätsprodukt für die Region.

 

Die Blutente – das Blut und das Herz bleibt im Körper, was das Fleisch saftiger macht. Dafür muss das Tier erstickt werden – eine Schlachtung, die in Deutschland verboten ist.

 

Wer letztlich das Traditionsgericht Blutente, „Canard à la Rouennaiser Art“ oder auch „Canard au sang“ erdacht hat, ist nicht belegt. Doch es rankt sich die Legende um Père Denise, Gastwirt und Küchenchef in Duclair, zu dessen Lebzeiten Kühlschränke noch nicht erfunden waren. Daher war ein Bauernhof in der Nähe des Gasthofes notwendig, um bei unerwarteten Gästen schnell frisches Geflügel zur Hand zu haben.

War das der Fall, wurde innerhalb einer halben Stunde die Rouen-Ente erstickt, gerupft und gebraten. Père Denise spießte sie auf und ließ sie 20 Minuten über dem Holzfeuer.

Die Bruststücke wurden blutig wie Steaks serviert, während Flügel und Schenkel mit Senf bestrichen und anschließend gegrillt wurden. Die Soße wurde aus der Leber, auch Foie Gras und Schalotten zubereitet. Der Ursprung der Blutente, die bis heute zu jenen Speisen zählt die ein Gourmet gegessen haben muss. Noch heute werden die Enten erstickt, um das Blut im Körper zu halten und das Fleisch saftig zu machen. – Was in Deutschland nicht erlaubt ist.

 

Patrice Thomas, Präsident des Ordre des Canardies gab sich mit seiner Frau die Ehre

 

Sternekoch Erich Schwingshackl, seit vielen Jahren Maitre de Canardier …
… hat selbstverständlich seine eigene Entenpresse
Das Ehepaar Jokisch aus München kam mit Sohn Balthazar, der ebenfalls zum Gentilhomme Canardier erhoben wurde.
Der Rahmen im Restaurant von Erich & Katharina Schwingshackl – leger-elegant. Genuss und eine fröhliche Gesellschaft gehören in der französischen Esskultur zusammen.

 

Die klassische Zubereitung für die Blutente ist die „Rouennaiser Art“

Dafür wird die Ente im Ganzen gebraten. Nach dem Tranchieren werden die Entenkarkassen in einer Entenpresse gepresst. Der aufgefangene Saft wird mit Entenblut und Cognac zu einer Sauce verbunden, die als eine der gehaltvollsten Saucen überhaupt gilt.

REZEPT: Zutaten und Zubereitung

2 Rouen-Enten (je ca. 2 kg) erstickt und nicht ausgeblutet
1 Flasche guten Rotweins  (Bordeaux oder Burgunder)
50 cl Kalbsfond
eine halbe Zitrone
20 g Butter
1 Glas Portwein
1 Glas Cognac
20 g gehackte Schalotten
Thymian, Lorbeerblatt, Salz, gemahlener Pfeffer

Zubereitung in der Küche

Für die Sauce: Schalotte und Thymian andünsten, mit Bordeaux ablöschen und Kalbsfond zugeben. Restliche Gewürze zugeben und alles ca. eine Stunde ziehen lassen, damit die Bordelaise-Sauce reduziert.

Enten ca. 20 min im Ganzen im Ofen garen, ausnehmen und tranchieren.

Leber und Herz zerkleinern, in eine Schale geben.

Finalisierung vorm Gast

Die Innereien und die verbliebene Carcasse in die Entenpresse geben und langsam ausdrücken. Das gewonnene Blut in einer Schale auffangen.

Cognac in eine Pfanne geben und flambieren. Blut und die Bordelaise-Sauce zugeben. Alles fast aufkochen (90 °C) lassen.

Saft einer halben Zitrone und ein Glas Portwein hinzugeben und die Sauce mit Butter montieren. Mit einem Schneebesen verrühren, bis eine glatte Sauce entsteht.

 

Im Grunde ist die Blutente, die in vielen Restaurants kunstvoll zelebriert wird – nicht zuletzt wegen der wertvollen Entenpressen – ein einfaches Gericht. Umso wichtiger, sie in ein Menü einzubetten, das ihr einen würdigen Rahmen verleiht”, sagt Erich Schwingshackl.

 

Weshalb an diesem legendären Abend zur Blutente gebratene Entenleber mit Balsamico und Himbeeren gereicht wird, eine Cassolette mit Lauch und Perigord Trüffel, Lable Rouge Lachs mit Zitronengras und Gartengurken, Mandarinensorbet mit Campari-Orangen-Granitée und Grand-Marnier-Eisparfait mit Orangen, Himbeeren, Zitronensaft.

 

Nach dem Essen war es soweit: die Auserkorenen erhielten ihre Orden und gehören ab sofort zum Ordre des Canardiers.

 

Die Entenpresse – Kult, Kunst, Prestige

 

Jede Entenpresse, die sich im Besitz von Albert Meilhaus befindet, ist einzigartig und birgt eine lange Geschichte. Seltene Exemplare seiner Entenpressen, gefertigt aus schwerem Silber und von namhaften Herstellern wie Christofle oder Cailar-Bayard & Cie  liegen preislich weit im 5-stelligen Bereich. Exemplare waren sowohl auf der Titanic und finden sich noch heute im Waldorf Astoria in New York sowohl als auch im Savoy und dem Restaurant Otto in London, bei Daniel Boulud und im Tour d’Argent in Paris und im Les Banquets de Narbonne von Louis Privat und werden gehütet wie ein Schatz.

 

 

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