Zonen-Gaby war im Glück. Auf dem Titelbild des Magazins „Titanic“ freute sich die 17-Jährige über ihre erste Banane. In der Hand hielt sie aber eine Gurke, abgeschält wie eine Banane. Das Cover des Satireblattes im November 1989 war ein Scherz. Daniel Achilles vom Restaurant „Reinstoff“ in Berlin hat darüber gelacht und sich nun viele Jahre später gefragt: „Gurke und Banane, kann man das zusammen essen“?
Autor Oliver Zelt,
Foto oben 123rf ©aaron_stein
Man kann. So kreierte der 2-Sterne-Koch ein revolutionäres Dessert. Aus Gaby mit der Gurke wurde das Dessert „Meine erste Banane“. Eine Kreation mit einer Prise Handwerkskunst, denn tatsächlich hätten die ersten Vorbereitungen auch mit einem Besuch im Baumarkt beginnen können.
Aus lebensmittelechtem Silikon bastelte Achilles eine Hohlform für kleine Mauerblöcke. Hinein füllte er einen Klacks Bananenpüree und ließ die Masse durchfrieren. Dann stürzte der Koch den flachen Quader aus der Schablone und nahm eine Sprühpistole zur Hand. Eine gräuliche Wolke bedeckte den süßen Bananenbeton. Für die fahle Farbe hatte der Berliner Küchenchef weiße Kuvertüre mit schwärzlicher Bambusasche vermischt. Die Mauersegmente aus Banane zieren gelbe Gurkenblüten, eingelegte Minigürkchen und Bananenjoghurt. Das war aber nur der erste Teller des Nachtisches.
Für den zweiten braucht Achilles zunächst wieder das Silikon, um eine schöne krumme Bananenhülle zu modellieren und so die gelbe Südfrucht ganz ohne harte Schale dafür mit einem süßen Kern nachzubauen. Zur täuschend echten Bananenkopie gibt es Gurkensorbet, leicht mit Essig gesäuerten Gurkensaft und ein Bananen-Chutney.
„Es gilt, die Gurke anders zu beleuchten“, sagt Daniel Achilles. Und meint damit, Spielereien wie Gurkenstückchen in Läuterzucker zu legen. Das Gemüse „osmotisiert und gart so ein wenig“. Der hohe Zuckeranteil entzieht der Gurke viel Flüssigkeit, so dass die „am Ende wie kandiert ist“.
Ein Gurkensud aus Sushi-Essig. Koriander, Thymianöl und am Ende ein Löffelchen Wasabi
An der Ostseeküste, auf dem Darß nimmt Pierre Nippkow ein perfektes Makrele-Filet, das zuvor in Soja-Sauce und süßem Reiswein mariniert wurde, brutzelt es ganz ohne Fett. Außen geröstet und innen noch roh legt Nippkow die Makrele in einem tiefen Teller, gefüllt mit Gurkensud. Für den grandiosen Fonds
* entsaftete er eine Salatgurke und Granny-Smith-Äpfel.
* Zum Gurken-Apfel-Most im Verhältnis 1:1 zerbröselt der Koch zum Aromatisieren noch ein bisschen Basilikum.
„Äpfel und Gurken sind eine ideale Kombination“, sagt Nippkow. Deshalb mixt er für sein Gurkensorbet in die Grundmasse wieder einen Schluck Apfelsaft mit hinein, nimmt einen klitzekleinen Löffel mit Wasabi-Paste und gibt den japanischen Meerrettich für den Hauch Schärfe in das Eis.
Eigentlich kauft Pierre Nippkow seine Zutaten bei benachbarten Bauern. Doch für seine Röllchen braucht er tatsächlich schurgerade Grüne, wie sie einst die Beamten der EU normten. Nippkow legt sie zunächst in eine Vinaigrette aus Sushi-Essig, Ahornsirup, Koriandersaat, Thymianöl, Salz und Pfeffer ein und packt die Gurke samt Sud in einen Vakuumbeutel, damit alles „ordentlich durchzieht“. Dann schneidet er sie superdünn der Länge nach in Scheiben und rollt sie auf. Nippkow wirft nichts weg. Selbst das weiche Kerngehäuse mariniert er und serviert es mit gelben Gurkenblüten. „Die sind der Knaller“. Denn es hängt schon ein winziger Gurkenansatz mit dran. Kurz blanchiert liegen sie pur auf den Teller, dekoriert mit himmelblauen Blüten vom Borretsch auch als Gurkenkraut bekannt.
Die Luft rauslassen – Gurke mariniert und vakuumiert für sattes Grün
Ralf Haug ist Koch und Künstler. Die geschälte Gurke auf seinem Chefsalat leuchtet, viel grüner noch als frisch geerntet. Beim Trick für die intensive Farbe lässt der Koch in seinem Restaurant „freustil“ in Binz einfach nur die Luft raus. Nachdem er das Gemüse pikant mariniert hat, steckt er die Gurke in einen Plastikbeutel und vakuumiert sie. Dadurch platzen viele Pflanzenzellen auf, die Gurke schmeckt noch gurkiger und glänzt noch grüner. Zusammen mit Blattsalaten und Seeteufel-Filets krönt sie den 1. Gang des freustil-Menüs.
Apfelgurken, Zitronengurken, Minigurken ….
Obwohl in den meisten Supermärkten die grüne Gurke lediglich als Einheitssorte, Marke gerade gewachsen mit glatter Schale liegt, zeigen andere Sorten die Vielfalt der Gemüsepflanze. Apfelgurken sind hell und rund, Zitronengurken sehen tatsächlich fast wie Zitronen aus. Das Fruchtfleisch von beiden schmeckt leicht süßlich. Der „gelbe Würzer“ ist oval und prima zum Füllen geeignet und die „Apple Sikkim“ ähnelt einer Melone schmeckt aber nach frischer Gurke.
Eine echte Entdeckung ist die Mexikanische Minigurke. Gerade einmal so groß wie ein Wachtelei, außen grün-weiß gesprenkelt. Durch die kräftige, aber nicht harte Schale knackt es beim Hineinbeißen ehe sich ein angenehmer frischer leicht säuerlicher Geschmack im Mund ausbreitet.
Die meisten Spitzenköche denken bei ihren Kreationen mittlerweile nicht mehr an magenbeschwerenden Genuss, sondern an leichte Kost, bei der Ärzte nicht die Stirn runzeln. Die Gurke ist dafür ideal. 100 Gramm enthalten gerade mal zwölf Kalorien und lediglich 0,2 Gramm Fett. Offenbar war das schon dem römischen Kaiser Tiberius klar. Im 1. Jahrhundert soll er für die Fitness seiner Soldaten dem Heer fahrbare Gurkentreibhäuser mitgeschickt haben.