Schmalz, Sellerie, Salz, diese drei Dinge sind in der Küche von Sebastian Frank unabdingbar. Der Mann hat zwei Michelin-Sterne und gilt als einer der innovativsten Köche im Land. Er nimmt Zutaten, mit denen Großmütter einst die Familie satt machten und lädt in seinem Berliner„Horvath“ zu einer Geschmacksfete in österreichischem Stil. Wer sich traut, kann das nicht nur nachlesen, in Franks Kochbuch.
Autor Oliver Zelt,
Fotos Matthaes-Verlag
Im Elternhaus gab es früher jeden zweiten Sonntag ein ganzes Brathendl, gewürzt mit Salz und Paprikapulver. Die Kinder stritten stets, wer „den im Bräter karamellisierten Fleischsaft mit Brot auftunken durfte“, erinnert sich Sebastian Frank. Im „Horvath“ gibt es den süffigen Saft aus der Kindheit nun im Überfluss. Der Koch nennt ihn „Hühnermagic“, eine für Frank tatsächlich magische Würze, die die Gäste nicht nur pur schlürfen, sondern mit denen Gemüse eine Klasse höher gepimpt wird.
Die Landküche aus Österreich ist der Spirit, aus dem Sebastian Frank ein Oha auf dem Teller erschafft. Der Mann bürstet dagegen und überrascht mit klarer Linie, die alles andere als einfach zu ziehen ist. Er setzt auf Fett, ganz bewusst, weil er damit einen Kontrapunkt gegen eine aus seiner Sicht fehlgeleitete Esskultur setze.
Für eine fette Schlemmerei gegen Entsagung. Fett ist für den Koch aber nicht einfach nur Fett auslassen. Sein Hühnersuppenfett gewinnt er aus Karkassen, Wurzelgemüse, geschwärzter Zwiebel, Knoblauch und der doppelten Menge an Hühnerhaut. Nicht zu vergleichen mit einfach ausgelassenem Hühnerfett, meint Frank.
KUK ist ein Kochbuch des vermeintlich Einfachen, das nicht so einfach zu machen ist.
Mit der Gleichstellung von Fleisch, Fisch und Gemüse hebt sich für Frank die „hierarchische Kategorisierung von vermeintlich Einfachem versus Luxus auf“. Das bedeutet, auch Sellerie kann Prunk ausstrahlen. Wenn die Knolle nicht nur wie ein Teil vom Suppengrün behandelt wird.
Die schrumpelige Gemüsekugel mit dem leicht moderigen Geschmack ist für Frank eine Zutat zum Verlieben, zum Verkohlen, zum Vergären, zum Verweilen. Es ist jedes Mal ein spannender Moment, wenn eine Sellerieknolle nach Monaten aus dem Salzteig befreit wird. Dann ein ganz besonderer Geschmacksgeber ist, und Frank sie, ähnlich wie Trüffel, über die Speisen gehobelt.
Im 2-Sterne-Restaurant präsentiert er seine kulinarische Kollektion. Alles, nur kein Mainstream, wenn er „Falsches Marzipan vom Kürbis mit Kalbsnierengrammeln, Fichtenessigmarmelade und Gemüseasche“ oder „Schulterscherzel mit Zwiebeln in Brezellauge und Leinölpudding“ zum Nachkochen aufschreibt.
Und darauf am Ende eine alkoholfreie Getränkebegleitung, bei der weit mehr als eine Saftflasche aufgeschraubt werden muss. Wie wäre es mit Molke und Anisgewürz?
REZEPT: Hühnermagic
3 Kilo Hühnerkeulen mit möglichst viel Fett
20 Gramm ungarisches edelsüßes Paprikapulver.
50 ml Pflanzenöl
Hühnerkeulen mit Salz, Parikapulver und Pflanzenöl einreiben und auf einem Metallblech bei 165 Grad Umluft 55 Minuten im Ofen braten. Den entstandenen Bratenrückstand vom Blech schaben und mit dem Mixer zu einer Emulsion hochziehen. Eventuelle einen Schluck Wasser zugeben. Zum Schluss durch ein feines Sieb passieren und kühl stellen.
Rezept: Sellerie im Salzteig
250 g doppelgriffiges Mehl
165 g feines Speisesalz
60 ml Wasser
1 faustgroßer Knollensellerie
Mehl, Salz und Wasser vermengen und zu einem glatten Teig kneten. Teig zu einer Kugel formen und über Nacht zugedeckt ruhen lassen.
Den Knollensellerie waschen und gleichmäßig mit dem Salzteig einschlagen. Den Ofen auf 220 °C vorheizen, den Sellerie im Salzteig 20 Minuten backen, die Temperatur auf 180 °C reduzieren und weitere 40 Minuten backen. Anschließend auskühlen lassen.
An einem trockenen Ort mit gleichbleibender Temperatur (etwa 15–20 °C) lagern. In den ersten 2 Monaten muss der Sellerie jeden zweiten Tag gewendet werden, sodass jeweils die feuchte Stelle am Salzteig nach oben ausgerichtet ist. In den folgenden 6 Monaten wird der Salzsellerie wöchentlich gewendet, und für weitere 4 Monate verbleibt der Salzsellerie einfach im Teig, ohne gewendet zu werden.
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Sebastian Frank, kuk (cook), Matthaes-Verlag, 79,90 Euro, ISBN 9783875154320