von foodhunter
Kategorie: Restaurants

Die Fränkische Schweiz feiert die Kirschblüte

Die Fränkische Schweiz feiert die Kirschblüte

Es muss nicht immer Japan sein, um die Kirschblüte zu erleben. Über 200.000 Kirschbäume bilden in der Fränkischen Schweiz, zwischen Nürnberg, Bamberg und Bayreuth, das größte zusammenhängende Anbaugebiet für Süßkirschen, die „Kirschenkammer Deutschlands“. Alte Kirschgärten mit Hochstammbäumen sind ebenso dabei wie junge Obstplantagen mit bequem abzuerntenden, niedrigen Stämmen. Erleben Sie das fränkische Kirschblüten-Hanami. 

Autor Jörg Kaiser, Fotos Björn Hutzler, Vera Böhm

Bis es soweit kam, hatten die Kirschbäume einiges an Weg und Zeit hinter sich gelegt, um auf den Mittelgebirgs-Hochebenen der Fränkischen Alb anzugelangen. Ursprünglich aus Kleinasien stammend, brachte der römische Feldherr Lucius Licinius Lucullus im 1. Jahrhundert die dort erbeuteten Reichtümer, edle, blutrote Steinfrüchte für die sprichwörtlichen „Lukullischen Mahle“ mit. Jahre später verbreiteten sich die Früchte durch römische Krieger auf den Fernstraßen über die Alpen weiter nach Norden.

Die Hänge des „Walberla“ wurden in einen fränkischen Fudjiyama, ein Kirschenparadies verwandelt

Lange Zeit galt die Kirsche als eine nur für Aristokraten und Herrscher bestimmte Frucht. In das Forchheimer Land kamen sie mit den Benediktinermönchen, die im 11. Jh. dort vielfältige Obstkulturen förderten. Dort standen vermutlich die ersten Kirschenbäume Frankens, die immer wieder auf Stichen und Gemälden üppiger Klostergärten festgehalten wurden. Ab dem späten Mittelalter nahm der Obstbau – neben den Kirschenbäumen auch tausende Zwetschgen-, Birnen-, Äpfel- und Walnussbäume, Hopfen und Tabak – eine herausragende wirtschaftliche Stellung ein. Die Hänge des Walberla, dem Hausberg der Franken, wurden zunehmend in einen fränkischen Fudjiyama, ein Kirschenparadies verwandelt.

Foto Björn Hutzler, Foodhunter

Landschaftsprägend sind bis heute die kleinen Häuschen, „Kirschhäusla“ genannt. Einst Unterschlupf bei Regen und Aufbewahrungsort der Gerätschaften, sind sie heute romantisches Fotomotiv. – Ebenso wie die alten Kirschbäume mit oft imposanter Größe und in weiten Abständen gepflanzt. Dazwischen Weidefläche für Tiere, Raum für Pflanzen und Blumen und zahlreich umrankt von Schlehen- oder Zwetschgenhecken. Heute werden diese Gärten von circa 2000 Kirschbauern betreut, die im Frühjahr und Sommer fast täglich auf den Kirsch-„Feldern“ der Fränkischen Alb zu finden sind. Hier finden die Kirschbäume ideale Wachstumsbedingungen.

Die Blütenpracht macht Lust auf reiche Ernte und süßes Aroma. Die japanische Kirsche hingegen trägt keine essbaren Früchte.

Vorbild aller Kirschblütenfeste ist Japan. Für das japanische Kirschblütenfest am Kaiserlichen Hof in Kyoto wird seit dem Jahr 705 der Zeitpunkt der ersten blühenden Kirsche jährlich dokumentiert.  – Die japanische Kirschblüte erstreckt sich je nach Gebiet von Ende März bis Anfang Mai. Eine Pracht, die keine weiteren Genuss beschert, denn die japanische Kirsche trägt keine essbaren Früchte.

In der Fränkischen Schweiz ist frühestens Mitte April mit dem Eintreffen des Kirschenfrühlings zu rechnen. Zudem bewirken die unterschiedlichen Höhenlagen einen Blütenunterschied von 10 bis 14 Tagen. Es lohnt sich, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um einen Ausflug ins Kirschblütenparadies zu starten.

Foto Michael Ottersbach

Wer ist die Schönste im ganzen Land?

In Franken werden zu 85 Prozent Süßkirschen angebaut und in erster Linie frisch verzehrt, während der kleine Anteil an Sauerkirschen überwiegend zu Konserven und Saft verarbeitet werden. Neben der ständigen Züchtung neuer Edelsorten dominieren die festfleischige saftig-süße, Burlat, die dunkelrotschwarze Hedelfinger, die aromatische Kordia und vor allem die spät reifende Regina. Sehr große, dunkelrot glänzende Früchte und eine erfrischenden Süße sind zwei der Eigenschaften, die sie zur Königin der Kirschen machen.

Geerntet wird je nach Blütezeit ab Anfang Juni. Dann ziehen die „Kirschenzupfer“ durch die Baumreihen. Maschinen zum Pflücken gibt es nicht, die Erntehelfer haben im wahrsten Sinne  „alle Hände voll zu tun“. Der Baumbestand hat sich aber zugunsten der Pflücker verändert. Die großen, knorrigen, oft fünfzig Jahre hindurch Kirschen liefernden Bäume haben den schwach wachsenden Platz gemacht, die nur noch drei Meter Höhe erreichen und nach bereits drei Jahren eine Ertrag bringende Menge an Früchte tragen.

Foto Björn Hutzler

Besonders gut schmecken die Kirschen „frisch vom Baum in den Mund“. Und in der Saison gibt es reichlich Gelegenheit dazu: An jeder Landstraße der Fränkischen Schweiz tauchen Straßenstände mit erntefrischen Kirschsorten auf. Die Kirschen lassen sich aber auch backen und schmoren, zu Desserts verarbeiten, einmachen, als flüssige Gaumenfreude in Form von Saft, Likör oder Brand genießen, als Sauce, Strudel oder als Kirschkreide, einem festgekochtem Mus, gesüßt mit Honig auf den Tisch bringen.

REZEPT

Eine traditionelle fränkische Spezialität sind die „Kirschenmännle“, ein Kirschauflauf, der auch als Hauptgericht gereicht wird.
Gerlinde Fuchs, Kirschbäuerin aus Pretzfeld, verriet uns ihr Rezept.

  • Vier altbackene Brötchen und 400 Gramm dunkles Bauernbrot mit hohem Roggenanteil in Würfel schneiden.
  • Vier Eier, 800 ml Milch, 70 Gramm Zucker und das Abgeriebene einer halben Zitrone in einer Schüssel mit dem Schneebesen glattrühren.
  • Je nach Geschmack ein Kilo frische Süß- oder Sauerkirschen entsteinen.
  • Brötchen und Brot, Kirschen und etwas Zimt unter die Eier-Milchmischung heben und etwas ziehen lassen.
  • rechteckige Backform kräftig ausbuttern und die Masse einfüllen.
  • In den 190 Grad vorgeheizten Backofen schieben und für circa 50 Minuten backen. Nach der halben Backzeit mit 150 Gramm flüssiger Butter bepinseln und Zimtzucker darüber streuen.

Am besten schmeckt diese Kirschenleckerei lauwarm, gereicht mit einer kühlen Vanillesauce. Viele Familien servieren das „Kirschenmännle“ traditionell nach einer Suppe als Hauptgericht. Das Rezept kennt viele interessante regionale Abwandlungen. Eine  leichtere Variante entsteht, wenn das dunkle Brot durch Brötchen ersetzt wird, Würzzutaten wie Anis oder Nelken hinzukommen oder das Brot anstelle der Milch mit Rotwein oder etwas Rum eingeweicht wird.

Gastro-Tipps: Kirschgenuss überall

Auch in der Gastronomie findet sich zahlreich das sommerliche Steinobst: Zum Beispiel in Kirchehrenbach. Hier wurde 1682 das historische Landgasthaus „Zum schwarzen Adler“ erbaut, das bis heute berühmt ist für seine Kirschenspezialitäten, allen voran das hausgemachtem Kirscheis! Für den Rest des Jahres liefert die eigene Brennerei einen speziellen Kirschschnaps nach altem Familienrezept. Am liebsten sind Wirt und Brenner Fritz Sponsel die Wildkirschen. Diese „ungezähmten“ Kirschen wachsen außerhalb der Plantagen auf sehr alten Bäumen und haben einen besonderen, herben Geschmack. Durch die Mischung verschiedener Sorten entsteht ein ungewöhnlich nuancierter Wildkirschensonderbrand. Gasthaus zum Schwarzer Adler, Hauptstraße 45, 91356 Kirchehrenbach, Tel. 09191/94448. www.gasthaus-sponsel.de

Kirschenfest auf den Pretzfelder Kellern!

Der Höhepunkt des Kirschenjahres am Ende der Erntesaison bildet das Fränkische Kirschenfest auf den Pretzfelder Kellern. Auf einer kühlen Waldlichtung, dort wo die Bierkeller in den Stein gegraben sind, huldigen Erntehelfer, Bauern und Erholungsuchende in fränkischer Fülle Speis und Trank. Spezialitäten rund um die Kirsche so weit das Auge reicht – vom Kirschkuchen bis zum Kirschbrand. Die heimischen Bauern präsentieren bis zu 20 verschiedene Kirschsorten. Hier lohnt es sich, selbst zum Erntehelfer zu werden – probieren kostet nichts! Und die Kinder nehmen am Wettbewerb des „Kirschkernweitspuckens“ teil.  Ein rauschendes Fest zur Ehre der Kirschfrucht!

Übernachtungs-Tipp:
Gute Übernachtungsmöglichkeiten gibt es vielerorts, doch am stimmungsvollsten nächtigen Kirschenfreunde auf Burg Egloffstein. Unweit von Pretzfeld thront sie auf einer Felsspitze 100 Meter über dem Trubachtal als eines der Wahrzeichen der Fränkischen Schweiz. Ein Blick von der Burg erklärt, weshalb diese Region zu ihrem Namen kam: Die tiefen Täler mit ihren Obstwiesen, Burgen und schroffen Felstürmen erinnern tatsächlich ein wenig an Schweizer Gebirgsregionen. Bis heute gehört die Burg zum Familienbesitz der Freiherren von und zu Egloffstein. Und der Hausherr, Baron Albrecht, vermietet Teile der Burg als ideale Unterkunft während eines Kirschenurlaubes. Burg Egloffstein, Freiherr von und zu Egloffstein, Rittergasse 80b, 91349 Egloffstein, Tel. 09197/8780. www.burg-egloffstein.de

Burg Egloffstein  

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