von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

Gunnar Raabe Lieungh macht Londons besten Räucherlachs

Gunnar Raabe Lieungh macht Londons besten Räucherlachs
House of Sverre, foodhunter, Carola Kuehnl
Heute habe ich einen guten Fang gemacht: Ich bin im Gespräch mit Gunnar Raabe Lieungh, dem einstigen Fashion Designer von Schweden. Er entwarf Möbel, Kleidung, Uhren. Den großen Laufsteg hat er verlassen und sich vor zwei Jahren selbst ins kalte Wasser geschmissen: Er baute sich in London ein Räucherhaus nach norwegischem Stil, das „House of Sverre“, das Haus des „wilden Mannes“, und arbeitet seither an der Kreation perfekt geräucherter Lachse. Nach wie vor ist er Designer. Ein maßgeschneidertes Konzept, über das ich mehr wissen muss.
Autor Carola Kühnl, Fotos Carola Kühnl

Vom Fashion zum Food Design, wie kam’s?

Ich hatte 25 Mitarbeiter zu führen, was mir enorm viel Spaß machte. Wir waren international richtig gut im Geschäft. Bis Anfang 2009 die Rezession über uns hereinbrach. Ich musste zuerst 21 Kollegen kündigen und mich dann schließlich selbst entlassen. Zu jung, um sich zurückzuziehen. Zu alt, um eine Nische in dieser Branche aufzutun. Ich brauchte einen Tapetenwechsel, London. Viele meiner Freunde leben hier.

Und ich bin in der Natur von Varberg am Meer aufgewachsen. Meine Vorfahren waren Seefahrer, ich brauche das Abenteuer und die Veränderung. Gutes Essen sowieso. Wir in Schweden stellen hohe Ansprüche an die Lebensmittel und an uns selbst. Essen wird zelebriert, das ganze Jahr hindurch, mit Fisch als Basis. Somit war die Herausforderung: London die Chance zu geben, sich einen erstklassigen Räucherlachs zu angeln.

House of Sverre, foodhunter, Carola Kuehnl

Was macht Deine Fische zu besonderen?

Es ist eine Kombination aus der hervorragenden Qualität der Lachse und meiner persönlichen Arbeit als Designer. Designer sein heißt, nach Perfektion zu streben. Ich beziehe meine Fische aus der Zucht von BakkaFrost, einer der führenden Produzenten von hochwertigem Atlantik-Lachs von den Färöer-Inseln.

Von Juni bis August kriege ich Frisch-Fisch wild gefangen. Das ist die Zeit der Lachswanderungen, ein großartiges Naturschauspiel. Nach Bestellung dauert es 48 Stunden bis die Ware hier bei mir in London-Islington ist. Gemeinsam mit meiner Mitarbeiterin Cecilia werden die Lachse filetiert, in Salz eingelegt, erneut gereinigt und dann kalt geräuchert. Mit Rauch von Wachholder-, Buchen und Erlenholz aus Schweden. Die Qualität des Holzes bestimmt das Resultat.

Unsere Lachse werden weder mit Kräutern noch mit Zucker einbalsamiert, um das Geschmackseigene zu erhalten. Den kompletten Rauchvorgang, insgesamt sechs Tage, habe ich eigens geplant.

Die schwedische Esskultur ist sicher eine andere als die in London?

Ja, die Schweden gehen In die Natur statt ins Restaurant. Wir machen fast alles draußen. Schweden kommen gerne am offenen Feuer unter freiem Himmel zusammen. Essen verbindet.

Fast jeder ist daheim ein aktiver Koch, Bäcker, Handwerker und probiert sich gerne aus. Der Austausch mit Gleichgesinnten ist eine gute, kommunikative Schule. Ich vermisse meine Heimat, die Wurzeln sitzen tief. Schweden ist ein Land, das intensiv Brauchtum pflegt und die Feste feiert, wie sie fallen.

London ist bunt,  aber nicht sehr traditionell und bodenständig. Alle Kulturen und Nationen sind hier zuhause. Es sind die Menschen, die für mich den Reiz der Stadt ausmachen. Weder der Baustil noch die Gerichte und auch nicht die Natur sind maßgebend. Wenn man in London lebt, wird Reisen überflüssig. Die Stadt ist die Welt, die jedem nach ein paar Schritten offensteht. Irgendwie ist man hier immer Ausländer.

House of Sverre, foodhunter, Carola Kuehnl

Als kreativer Kopf für Fashion hat du die Materie kreierte. Wie ist es mit Essen?

Genau umgekehrt. Die Fische sind, wenn sie bei mir auf den Tisch kommen, in ihrer Art fertig entworfen. Ich versuche, ihren Auftritt, damit meine ich den Geschmack, mit meinen Ideen noch zu verfeinern und hervorzuheben.

Die Szene des Fischeräucherns ist in London eine kleine. Wo findet man Produkte von House of Sverre?

Online oder auf dem Markt, dem Southbank und dem Brooklyn Market. Die mich gut kennen, rufen mich an und kommen hierher ins Smokehouse nach Islington. Von außen ist nicht sichtbar, was hier am Hacken hängt. Unsere Hauptkunden sind Gastronome mit guter, authentischer Küche. Küchen, in denen die Qualität entscheidend ist und nicht der Preis. Beim hausgemachten Lachspate jedoch macht weder der Privatmann noch das Gewerbe einen Unterschied: alle wollen ran an die Gläser.

House of Sverre, foodhunter, Carola Kuehnl

Einmal im Jahr zieht es die Lachse zurück an ihren Geburtsort – dich auch?

Undenkbar, ich muss mehrmals im Jahr in meine Heimat.

Gunnars Augen blitzen leidenschaftlich während des ganzen Interviews. Allzu gerne erzählt er von Schweden und der Kultur. Vor allem in London schätzt er wieder die Werte seiner Herkunft. Sie geben Struktur und dem regen Geschäftsalltag einen tieferen Sinn. Gunnar, herzlichen Dank für deine Zeit.

Der Lachs war butterweich auf meiner Zunge. Der Rauchgeschmack dezent. Allein schon das Abnehmen des beschichteten Seidenpapiers machte große Freude, es war sorgfältig gefaltet und eingeschlagen. Ein Designer war am Werk…

 

House of Sverre
Lachs-Räucherei
273 Green Lanes
London N4 2EX
 
Die Räucherfische von „House of Sverre“ werden auf folgenden Märkten verkauft: 
Southbank Market (Fr 12-10, Sa 11-20, So 12-18 Uhr)
Brooklyn Market (Sa 10-14 Uhr) 

www.houseofsverre.com

 

Mehr von Carola und ihren Erlebnissen unter: madamedemeaux.wordpress.com 
  

 

 

 

 

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