In der Hofmark Mallersdorf-Pfaffenberg (30 km von Landshut entfernt) stand die ehemalige Postmeisterei jahrelang leer, bis Mathias Reichl den Gemäuern und damit dem ganzen Ortskern neues Leben gab: die Hofmark Eins. Hier verarbeitet er, was die Natur regional auftischt, in Kombination mit Fleisch und Fisch und feiner Würze. Seine neue Heimat schmeckt allen!
Autorin Carola Kühnl
Fotos © Carola Kühnl
Eine Hofmark ist charakteristisch für die bayerische Geschichte, denn es handelt sich um einen Gebäudekomplex, über den der adelige Hofmarksherr die niedere Gerichtsbarkeit ausübte. Vor den Haupthäusern – meist waren es Gasthöfe – herrschte reger Pferdekutschen-Verkehr.
Längst ist das Klappern der Hufe eine nostalgische Erinnerung, viele dieser Gebäude stehen leer.

Die Idee, in seiner niederbayerischen Heimat irgendwann neue Wurzeln zu schlagen, hatte Mathias Reichl schon als Bub, als er noch mit seiner Mama am Herd stand. Die bildhafte Kochszene hängt heute in Großformat an der Wand in der Gasthausstube.
„Ich wollte schon immer meiner Region etwas zurückgeben und was Sinnvolles für meine Leute tun.“

Mit seiner kulinarischen Vielfalt drückt Reichl seinen Respekt und Dank aus: traditionelle Gerichte mit regionalen Zutaten werden auf unterschiedliche Arten zubereitet – der Gast schmeckt italienische, französische und asiatische Einflüsse heraus. Damit kreiert Mathias Reichl eine Geschmackswelt, die auch den Nachwuchs anlockt.
Zur Einschulung kommen die Erstklässler mit bücherschweren Ranzen und großem Hunger. Die Gaststube und alle Nebenräume sind reserviert. Reges Getuschel, wer mit wem die Schulbank drücken will, Stirnrunzeln beim Kartenspielen und rote Backen beim Wettlauf um den Tisch… es erinnert an das fliegende Klassenzimmer von Erich Kästner.

Bei den Kleinen sind Schweinebraten und Backhendl mit Pommes Frites beliebt. Die Kartoffeln für die Fritten kommen von der Gärtnerei Buchner aus der Umgebung, die mehligkochende Agria eignet sich dafür am besten. Die Tomatensoße für die Nudelteller ist hausgemacht. Eltern und Großeltern bevorzugen die geschmorten Ochsenbackerl mit Quarkspätzle und Blaukraut. Hochbetrieb am Küchenpass und das am ersten Tag nach der Sommerpause.
Für den Durst empfiehlt sich der „grüne Paff“, ein Helles von der Brauerei Stöttner, dessen Hopfen direkt am Pfaffenberg in Bio-Qualität angebaut wird.

Für Mathias Reichl sind gute und gesunde Lebensmittel wichtig, lokal und ressourcenschonend produziert. Er pflegt einen engen Kontakt mit seinen Lieferanten und Produzenten.
Diese Beziehungen sind gewachsen. Regionalität und Saisonalität sind für uns eine Selbstverständlichkeit, ohne dass wir es an die große Glocke hängen. Ich denke, das ist auch der niederbayerische Charakter: nicht mit Slogans wie Bio zu werben. Wir wollen auch nicht zur Saisonalität erziehen, die Natur macht das automatisch. Und wir folgen ihr. Im Herbst kommen Kraut & Rüben auf die Karte, weil jetzt die Zeit dafür ist.“
Ein No-Go in der Küche gibt es für Mathias Reichl nicht.
Es muss Sinn ergeben, was wir tun und es soll Spaß machen. Unser Saibling z.B. kommt aus fünf Kilometern Entfernung. Doch wenn das Angebot beim Züchter knapp wird, bestellen wir vom Großhändler Deutsche See. Oder der Werner bringt überraschend einen Eimer Laabertaler Flusskrebse vorbei, die wir dann spontan ins Menü aufnehmen. Wir arbeiten ohne Extreme, die uns einschränken. Die Grenze von Saison und Region werden auch mal sinnvoll überschritten.”
Mathias Reichl hat mit seiner Familie einen Bauernhof in der Umgebung gekauft und umgebaut. Auf fruchtbaren Boden fällt das Obst nicht weit vom Stamm. Aus Äpfeln, Birnen und Walnüssen zaubert der Küchenchef Nachspeisen mit natürlicher Süße. Hauszwetschgen werden auf Streusel gebettet und stehen mit Zimt auf der Speisekarte. In die Desserts fließt selbstgemachter Fichtenspitzensirup.
Gasthäuser und Restaurants mit dem Namen Hofmark gibt es zum Verwechseln einige, was auch schon in Mallersdorf vorkam. Doch einmal im Hofmark Einsgewesen, verankern sich die Erinnerung an den authentischen Geschmack und das Lebensgefühl. Leicht ist dieses tägliche „Abliefern“ nicht, doch Mathias krempelt täglich die Ärmel hoch.
Viele Ideen des jungen Kochs sind noch nicht ausgedacht, weitere fügen sich ein. In der Hofmark gibt es deshalb auch Bier von der Hofmark Brauerei aus dem Bayerischen Wald und das nicht aufgrund des Namensgleichheit, sondern weil die Brauerei ein exklusives Lager für das bekannte Kaufhaus Harrods in London braut. Dem Mathias gefällt das.
Restaurant Hofmark Eins
Mi-So 11-14 Uhr und 17.30-23 Uhr
Montag & Dienstag Ruhetag,
Hofmark 1
84066 Mallersdorf
Keine Hunde erlaubt!
TIPP: Im Restaurant Hofmark Eins isst man zur Kirchweih klassisch Ente und steht in der Weihnachtszeit draußen am Feuerkorb und wärmt sich mit kalten Nasen die Hände. Mathias Reichl brennt für Kultur – auf dem Teller und auf der kleinen Bühne im Gasthaus, dessen Bekanntheit er gut über die Bühne gebracht hat.