Big Boy. Big Toy. Des Schneiders neue Kellerei. – Ellerstadt, ein beschauliches Dorf in der Pfalz. Wäre da nicht dieser lange dunkle Quader, der sich zwischen den Weinbergen erhebt. Deutlich gigantischer als bei unserem letzten Besuch vor drei Jahren. Markus Schneider hat angebaut. Vier Jahre lang und ein Weingut aus dem Boden gestampft, das seinesgleichen sucht.
Autor Sabine Ruhland,
Fotos ©Foodhunter
Ein Parkplatz ist kaum zu finden, längst besetzt eine Kolonne schicker Boliden aus Stuttgart, Mannheim, München, Frankfurt, Heidelberg, Zürich und Pfalz die Weinberge rund um Ellerstadt. Markus Schneider hat geladen – zur Besichtigung seiner neuen Kellerei nebst Loft, Showküche, Terrassen. Da kommen sie reichlich: regionale “haute vollée”, Nachbarschaft, Freunde, Familie, Bewunderer… Zu Letzteren gehören auch wir, denn was Markus Schneider innerhalb kürzester Zeit (das Weingut gibt es seit 1994) erreicht hat, ist nicht anders als bewundernswert.
94 % seiner Weine bleiben in Deutschland
100 ha verarbeitet er inzwischen, 90 ha sind in Familienbesitz. Unter optimalen Bedingungen kann das 800.000 Flaschen ergeben und deren Inhalt ist derart begehrt, dass 94 % seiner Weine in Deutschland verkauft werden. „30 Prozent Export ins Ausland waren vor zwei Jahren angedacht, doch sind die Jahrgänge nahezu ausverkauft und wir stehen bei unseren Kunden im Wort”, sagt Markus Schneider während der Führung durch seine neue Kellerei, die in der Tat ein architektonisches Meisterwerk ist.
Vor allem wegen der ungewöhnlichen Kassettendecke aus Beton. „Ich bin musste mich erst einmal mit der Idee von Kassettendecken anfreunden aber die Architekten haben immer wieder darauf gepocht. Als ich fragte, was denn außer erhöhten Kosten so wichtig daran sein, bekam ich als Antwort: Weil wir das immer schon mal machen wollten.”
Auch der “Angels-share” ist weniger: nur rund 100 ml pro Fass, früher war das weitaus mehr.
So wurden mehr als 49.000 Stunden darauf verwendet, den Beton zu gießen. Vor Ort. Kabel, Rohre und Ähnliches verschwanden hinter den Wänden. Die Kellerei von Markus Schneider wäre somit sicher die wohl coolste Party-Location im Umkreis von 200 Kilometern. Auch sonst erfüllen die neuen Hallen alle Ansprüche. „Es fängt schon mit den leeren Flaschen an, die lagern wir künftig für eine ganze Wochenproduktion hier. Perfekte Temperatur. Vorher war das schwierig. Stellen Sie sich vor – ein guter Wein muss in zu warme Flaschen abgefüllt werden, weil die irgendwo bei 30 Grad auf einem Hof lagern müssen.” Auch der “Angels-share” ist weniger: nur rund 100 ml pro Fass.
Die große Passion: eine Limited Edition. Drei Jahre Fass, drei Jahre Flasche. Frühestens 2018 dürfen wir kosten, was derzeit schon reift.
Der obere Teil des Neubaus ist purer Luxus. Loft mit bodentiefen Panorama-Fenstern und Kochinseln mit Blick auf die Reben. “Schneider” Küche steht neben dem Eingang. Einen Outdoor Grill in der Wand gibt es auch. „Das hier möchte ich aber nicht vermieten und wir machen auch keine Events”, betont Markus Schneider. „Aber irgendetwas werden wir schon damit anstellen.” Kluger Bursche, denn Begehrlichkeit zu wecken war schon immer absatzförderlich.
Die neue Halle mit Fasslagerung, digitalisiertem Controllcenter (jedes Fass hat einen Code) und dem “Fasszinator” der Markus Schneider bei der Kategorisierung hilft. “Ich teste den Inhalt jedes Fasses 2-3 Mal pro Jahr. Anhand des Codes können wir von der Rebe bis zum Produkt einen lückenlosen Nachweis erbringen und eventuelle Makel von vornherein aussortieren.
Apropos aussortieren: Aussortierte Fässer wandern nicht in die Brennöfen, sondern zum Metzger Marco Haag nach Trier, der in diesen Barriques wunderbare Schinken reifen lässt.
Dann muss Markus Schneider schon wieder los – ein “Tag der offenen Tür” liegt hinter ihm, ein Abendessen mit Kunden vor ihm. Markus Schneider kocht, privat, denn es werden die F&B Manager einer namhaften Reederei erwartet. Kochen kann er also auch noch.
Ach ja, die Weine…. Aber da wurde bereits viel gesagt, geschrieben und gelobt. Über Kaitui, Tohuwabohu, Ursprung. Erst neulich bei Käfer war Foodhunter “zu Tisch mit Schneider” und mit dem Verleger einer großen japanischen Tageszeitung. “Skoke euchii, Deutschwein” meinte er (übersetzt: sehr guter deutscher Wein) und gab sich mit uns dem Black-Print hin.
67158 Ellerstadt
Tel. +49 6237 / 7288
Mo-Fr 9-17.30 Uhr
Sa 10-16 Uhr