Als die Familie Ehrmann 2001 das geschichtsträchtige Weingut Tenuta la Tenaglia unterhalb des heiligen Bergs mit der berühmten Santuario di Crea kaufte, hatte es längst seine besten Zeiten hinter sich. Die Basis allerdings zeigte sich vielversprechend: 30 Hektar Rebland mit Chardonnay, Shiraz und 80 Prozent Barbera-Traube, teils mit 60 Jahre alten Rebstöcken. Also folgte die Tochter der Joghurt-Dynastie erst einem Impuls, dann einer Leidenschaft.
Autorin Sabine Ruhland,
Fotos ©Foodhunter
Sabine Ehrmann wurde Winzerin, holte sich Weinfachmann Massimo zu Hilfe, verpflichtete den Önologen Roberto Imarisio, kämpfte mit den Widrigkeiten des piemonteser Konkurrenzdrucks und entwickelte Ehrgeiz.
„Viele Winzer im Piemont versuchen, international gefällige Weine zu machen, um damit auf dem Markt besser zu bestehen. Ich bin der Meinung, dass ein Wein die Individualität der Region widerspiegeln muss und trotzdem finessenreich sein kann.“
Diesen Gedanken verfolgte sie unbeirrt weiter. „Wir suchten einen Weg, den Wein sanfter und eleganter zu machen und dabei das Territorium zu beachten.“ So verliehen sie dem urigen Bauernwein, welcher der Barbera im Grunde ist, Eleganz und Noblesse.„Er gärt bei uns im Stahltank, weil er nur dort zeigen kann was wirklich in ihm steckt, erlebt dann in neuen 225 Liter Eichenfässern seine Veredelung, ungefähr ein Jahr, und bleibt schließlich bis zum Verkauf noch sieben Monate in der Flasche.“
Der Barbera d’Asti DOC Emozioni ist von tiefem Rubinrot, mit intensiven Noten von reifen, roten Früchten und Vanille sowie Pflaume im Abgang. Zahlreiche Auszeichnungen seitens der Fachwelt waren der Lohn und spornten an für einen Weißwein von ungeheurer Präsenz, den Chardonnay DOC Oltre (übersetzt ‚über allem’), mit einer Farbe von schimmerndem Dukatengold, niedriger Säure und gutem Körper. Nuss, Vanille, Honig, Akazie und Minze verbinden sich am Gaumen, im Abgang ein Hauch von Lakritz. „Dieser Wein sieht keinen Stahl. Er kommt in nagelneue Eichenfässer, lagert dann ein Jahr im Holz von Troncais und Allier und danach für ca. acht Monate in der Flasche.“ Insgesamt 120.000 Flaschen produziert das Weingut heute jährlich, vom Oltre allerdings nur 3.000 Flaschen.
Was tun mit der Shiraz-Traube? Einst im Piemont als internationale Traube eingeführt, verschwanden die Reben kurz darauf wieder, weil es keine offizielle DOC-Qualitätsbezeichnung dafür gab. Sabine Ehrmann sah das anders.
„Shiraz war nun einmal im Weinberg vorhanden und für uns stellte sich daher nur die Frage, wie wir die Traube ausreifen könnten.“ Das Ergebnis erfreut heute die Gaumen zahlreicher Weinkenner, denn der „Monferrato Rosso DOC Olivieri“, im Barrique ausgebaut, weil die Eichenfässer maßgeblich dazu beitragen die Aromen abzurunden, beinhaltet Noten von schwarzem Pfeffer, Himbeere und roter Beerenkonfitüre.
Der Tourismus kommt langsam – das gibt Genießern Entdeckergefühle
Wie im gesamten Gebiet Monferrato steckt auch auf Tenuta Tenaglia der Tourismus noch in den Kinderschuhen. Dennoch gehören zum Privathaus und den Präsentations-Räumen inzwischen zwei Maisonette-Ferienapartments mit Küche, herrlichem Blick in die Weinberge.
Das Angebot an Kochkursen, Weinproben und Trüffel-Exursionen gehört zum Rahmenprogramm. Auch eine Besichtigung des „heiligen Bergs“, der aus einem Kloster und 23 Kappellen besteht, die durch einen Rundweg verbunden sind, ist empfehlenswert. Deutsche Gäste sind bei Sabine Ehrmann herzlich willkommen, wenn sie nicht da ist, kümmert sich Silvia Basso, die perfekt deutsch spricht, um alle Belange.