„Einfach“ essen in St. Moritz? Nach der Haute Cuisine des Gourmet-Festivals gelüstet es uns nach Bodenständigen und wir folgen einer Empfehlung: Restaurant Murtaröl, „the top fish of St. Moritz”, ein Fischrestaurant am Silser See.
Autorin Sabine Ruhland, Fotos ©foodhunter
Es liegt fast idyllisch am See, denn leider trennt eine stark befahrene Bundesstraße Restaurant und Ufer. Wintergarten, rustikale Einrichtung, wärmende Kamine und ein herzlicher schweizerisch-italienischer Empfang. Überall der Fisch im Blick, aus Zinn, Messing, als Kerzenleuchter, Wandbild … wir fühlen uns ausgesprochen wohl. Es überrascht uns aber, dass Chef Antonio Walther unseren Tisch kurz aus der Ferne beäugt – wir hätten ihn gerne kurz gesprochen – um dann auf Nimmerwiedersehen zu entschwinden.
Ein Blick auf die Speisekarte überrascht – neben Eglifilets oder geräuchertem Aal kommen Spezialitäten wie Königskrabben aus Alaska, Thunfisch-Bottarga, südafrikanische Scampi-Schwänze, Taschenkrebs und Bärenkrebs, Königskrabbe, schottischer Seeteufel. Der Grund für diese Exklusivität: seit 1995 kauft das Murtaröl durch die „Aris Plaun da Lej“ auch Meeresfische und Krustentiere am Fischmarkt in Mailand ein und bietet diese täglich frisch auf der Speisekarte an.
Wir sind angesichts des Angebots überfordert – die Preise erleichtern die Auswahl etwas.
100 g der exklusiven Fischspezialitäten beginnen ab 15 Franken. Da uns abends wieder ein Gourmet-Dinner erwartet, halten wir uns etwas zurück. Letztlich entscheiden wir uns für einen halben Flammkuchen mit geräuchertem Lachs, Crevetten und Thunfisch-Bottarga und für kleine gerollte Eglifilets in der Schneckenpfanne mit zerlassener Kräuterbutter. Dazu nehmen wir einen sehr guten Sauvingnon Blanc & Chardonnay Reserve AOC Zürich 2014.
Eine herbe Enttäuschung, denn der Flammkuchen kommt als Cracker auf den Tisch, drapiert mit den einzelnen Zutaten, pur und ohne Raffinesse. Thunfisch-Bottarga (wir glauben nicht, dass es Bottarga war, sondern Mohama, getrockneter Thunfisch) kommt als Gebrösel daher – selten haben wir etwas Langweiligeres gegessen. Die Eglifilets sind gut, die Kräuterbutter zu sehr gewürzt – der Fisch ertrinkt im Aroma.
Nach dem unglücklichen Entree ein Highlight: Bergeller Kastanien-Nudeln mit Nusssauce
Eine Spezialität muss her, Zwischengang Kastanien Nudeln. Wir teilen uns die Portion. Sie schmecken etwas zu süß, sind in der Konsistenz perfekt und verwöhnen mit feinem Kastaniengeschmack. Auch die Nusssauce mit knackigen Nüssen schmeckt vorzüglich. Wir sind etwas versöhnt. Dazu das prasselnde Feuer und der ausgesprochen sympathische Service – das macht den unbefriedigenden kulinarischen Einstieg wett.
Doch der nächsten Absturz folgt zugleich: Offener Ravioli mit verschiedenen Klippenfischen und Jakobsmuscheln sowie hausgeräucherter Aal mit Meerrettich-Schaum. Es sei verziehen, aber bei den Ravioli kommen lang vergessene – zu Recht vergessene – Erinnerungen an Dosenravioli hoch, was an der Soße und deren Konsistenz liegt. Auch der Aal besitzt keinerlei Räucher-Aroma und der Meerrettich-Schaum war ein sahnelastiges Mousse mit einem leisen Hauch Meerrettich. Dass der sehr großzügig bemessene, beigelegte Salat ohne Dressing serviert wird – ein letztes enttäuschendes t-Tüpfelchen.
The Top Fish of St. Moritz – Vielleicht bezieht sich das top mehr auf die sehr teuren Gerichte. Wenn dem so ist, dann bitte die kleinen Gerichte von der Karte nehmen. Übrigens: unser Lunch kostet 150 Franken (ca. 140 Euro). Und leider an diesem Mittag „the Flop fisch of St. Moritz“.
Restaurant Murtaröl
Plaun da Lej Resort
Antonio Walther
Via dal Malögia 14
CH-7517 Plaun da Lej
www.plaundalej.ch