Sie hat viele Namen, die edle Waldheidelbeere. Manche nennen sie Blaubeere, Krähenauge oder Schnuderbeeri. Wer die wohlschmeckenden Beeren ernten will, muss mit dem Körbchen in den Wald gehen. Nur da findet er den echten Geschmack.
Autor Sabine Ruhland, Foto ©foodhunter
„Zu teuer, im Supermarkt gibt es die billiger“, schmettert der Herr mittleren Alters der Standlbesitzerin auf dem Viktualienmarkt zu. „Dann kaufen’s Ihre Beeren dort“, antwortete sie und erspart sich jegliche Aufklärung.
Der selbst ernannte Feinschmecker, der siegesbewusst von dannen zieht, hat nicht erkannt, was da vor ihm liegt.
Er hat die kleinen, intensiv säuerlich-süß schmeckenden, blauschwarzen Waldheidelbeeren mit den faden Zuchtheidelbeeren verwechselt. Die gibt es größer und günstiger im Supermarkt. Kenner hingegen sehen sofort, dass hier traumhafte Ware liegt, nicht gerade im Überfluss zu bekommen, mit kleinsten Stielen, winzigen Blättchen hier und da.
Anders als Zuchtheidelbeeren erfordern Waldheidelbeeren den Gang in den Wald und das mühsame Bücken, denn die Büsche sind nur 30-50 cm hoch.
Rund um München gibt es nur noch wenige, meist ältere Damen, die sich überhaupt die Mühe machen. Von ihnen wird auch der Stand am Viktualienmarkt bedient. Eine schöne Aufgabe, wenn’s ned so hoaß is“, sagt Magda, 71, eine der letzten Pflückerinnen. Übersteigt das Thermometer allerdings die 30 Grad, dann muss sie passen. „Z’hoaß. Mei Herz!“
„Mit Waldheidelbeeren sind die Kulturheidelbeeren nur entfernt verwandt“, erklärt Christina Badenhop vom Bund Deutscher Heidelbeeranbauer. „Etwa vergleichbar mit dem Verwandtschaftsgrad zwischen Pflaume und Kirsche. Sie gehören zwar zur selben Gattung, unterscheiden sich aber in vielem, vor allem im Geschmack.”
Beiden gemeinsam ist nur der Boden. Heidelbeeren gedeihen auf lockeren, sauren und nährstoffarmen Sand- oder Moorböden und brauchen viel Sonne.
Die Anzucht von Heidelbeeren ist heute wie vor 100 Jahren eine langwierige Sache. “Die Pflanzen sind erst nach drei Jahren groß genug, um ins Freiland umgesetzt zu werden”, so Badenhop. Und dann dauert es weitere sieben bis neun Jahre, bis die Sträucher ihre Größe von bis zu zwei Metern erreicht haben und einen vollen Ernteertrag von bis zu zehn Kilo pro Strauch erbringen.
Eine solche Erntemenge ist in gutem Moorboden durchaus auch bei einem gut gepflegten Heidelbeerstrauch im eigenen Garten möglich. Hobbygärtner sollten sich beim Kauf trotz des höheren Preises unbedingt für drei bis vier Jahre alte Containerpflanzen mit mehreren Seitentrieben entscheiden, denn diese robuster und verkürzen die Jahre bis zum Vollertrag.
GUT ZU WISSEN
- Hauptsaison: Juni – September
- Waldheidelbeeren sind kleiner und geschmacksintensiver als Kulturheidelbeeren
- Nur die schwarzblauen, gut ausgereiften Früchte pflücken, denn zu früh geerntete Heidelbeeren reifen anders als Erdbeeren nicht nach
- Die Früchte sind druckempfindlich, nicht lange haltbar und büßen schnell an Aroma ein, werden bitter. Im Kühlschrank sollte man sie flach ausgebreitet nicht länger als zwei Tage liegen lassen.
- Eingezuckert und mit Milch oder Sahne sind sie eine Köstlichkeit. Außerdem schmecken sie hervorragend zu Waffeln, Crepes, als Kompott oder Kuchenbelag.
- Heidelbeeren enthalten viel Gerbstoff, Tannine, roten und blauen Farbstoff, organische Säuren, Invertzucker, Pektin, Provitamin A, Vitamin C, B 1 und B 2 und verschiedene Mineralsalze.
- Die stopfende Wirkung geht nur von den getrockneten Beeren aus, frische wirken dagegen leicht abführend.