„La Winstub du Chambard” hat uns mit ihrem Facettenreichtum kulinarische Glücksgefühle beschert.
Hirsch ruht unter Waldsauerklee, Steinpilz räkelt sich im Brotmantel, Rehpastete und Foie gras schlummern im Blätter-Reich, der Barsch schwimmt im Sahneteich
Auch wenn es das 2-Sterne-Restaurant Le Chambard von Olivier Nasti ist, das international die Gourmets begeistert, die dazugehörige „Winstub du Chambard” im elsässischen Kaysersberg ist nicht minder eine Reise wert.
Autorin Sabine Ruhland,
Fotos © foodhunter
Wir kommen spontan an diesem Samstagmittag, über den Hoteleingang, hinter dessen Rezeption ein Panoramafenster sogleich den Blick in die Küche freigibt.
Das Entrée so mitreißend-gastfreundlich, dass wir unsere Freude an diesem Ort zu weilen kaum verhehlen können. Der Chef am Herd bemerkt’s und quittiert unsere Euphorie mit einem Lächeln.
Gerne hätten wir uns einquartiert, doch das Relais & Châteaux mit seinen 33 Zimmern wie auch das 2-Sterne-Restaurant Le Chambard sind ausgebucht. Die Winstub hat noch ein Plätzchen frei und foodhunter erlebt einen unvergesslichen Lunch.
2000 erwirbt Nasti das Relais & Châteaux Hotel Le Chambard in Kaysersberg, wird 2007 mit dem Titel „Meilleur Ouvrier de France” (Küchenmeister, ein Titel den man ebenso so schwer bekommt wie einen Stern) ausgezeichnet, hält seit 2014 zwei Michelin Sterne, wird 2016 von der Zeitschrift zum „Le Chef“, einer der 100 besten Köche der Welt gewählt und ist seit 2017 Mitglied im renommierten Verein Grandes Tables du Monde.
Vor allem am Wochenende treffen sich ganze Familienclans in der Winstub du Chambard, um gemeinsam zu essen. Wir bekommen einen Ecktisch am Fenster und lassen das Savoir vivre auf uns wirken.
Gemütlich-rustikal und dennoch geschmackvoll greift die Winstub du Chambard die Stilelemente traditioneller elsässischer Gasthäuser auf: handfeste Holztische, geschnitzte Stühle mit karierten Kissen, ein Sammelsurium antiker Dekorationen und schlanker „Eau de vie-Flaschen”, Spiegel an den Wänden und handbeschriftete Tafeln mit den Tagesspezialitäten.
Auf denen werden wir sofort fündig: „Croute aux cêpes de Vosges”, frische Steinpilze aus den Vogesen, gebacken in einem Mantel aus fluffigem Teig.
Dieses Gericht, so einfach es klingen mag, geht in unsere persönliche Liste unvergesslicher Lieblingsgerichte ein.
Der Steinpilz wird roh in den Teig gelegt, eine Mischung aus Blätter- und Brotteig. Nach dem Garen eröffnet sich dem Gast ein unvergleichliches Aroma, der Pilzsaft tränkt den Brotteig, der Steinpilz offenbart seinen ganzen Geschmack. Ohne jedes Chichi ein fabelhaftes Genusserlebnis.
Der Empfehlung von Alexandre Walke, Maître d’Hôtel, schließen wir uns für die Vorspeise ebenfalls an – Carpaccio vom Hirsch. Es ist seidig-zart, dazu Mayonnaise aus Waldsauerklee.
Das Le Chambard ist für seine Wildspezialitäten berühmt und zudem das einzige Restaurant das dry-aged Wild aus eigenen Reifekellern anbietet.
„Der Chef geht selbst das ganze Jahr auf die Jagd, um das Wild für das Le Chambard zu schießen. Zerlegt und verarbeitet wird bei uns das ganze Tier und zwar im eigenen Zerwirkraum.” Das Le Chambard traut sich weitaus mehr. Wir sind die Einzigen die dry-aged Wild anbieten”, sagt Alexandre.
Inspiriert vom kulinarischen Reichtum der Umgebung, arbeitet Olivier Nasti mit den besten Bauern und Winzern zusammen. „Ich will sicherstellen, dass jedes Produkt die wahre Seele der Region widerspiegelt.”
So hat Olivier Nasti auch Éric Jacquier gefunden und den Fischer beauftragt, Pérche (Barsch, in der Schweiz Egli) zu fangen. Das Barschfilet, Wildfang aus dem Lac Leman, dem Genfer See, wird gebraten serviert, ruhend auf einer unvergleichlichen Sauce.
Das Kochen von Rohrahm ist eine aus der Schweiz entlehnte Technik”, erklärt Nasti.„Ich habe in der Schweiz beim Skifahren ein Pärchen kennengelernt, das mich eingeladen hat. Sie tauchten Barschfilets in die rohe Sahne und brieten sie dann einfach in der Pfanne. Indem ich es ein wenig vergesse, karamellisiert die Creme leicht.
Dazu säuerliche Komponenten wie Zitronenabrieb und Zitronenmelisse – fertig ist eine fantastische Sauce zu einem fantastischen Stück Fisch.”
Parallel wählen wir als Hauptgericht Rehterrine in Blätterteig mit Pilzen und Foie gras. Eine fast filigrane Optik für dieses recht deftige Gericht.
Begleitet wird die Terrine von einem leichten Wildfond und Kräuteröl. „Ich bin begeistert von Wildfleisch, das sich so raffiniert einsetzen lässt.
In Deutschland hat Wild ja nicht das beste Image, ein markanter Eigengeschmack wird ihm nachgesagt. Da kann ich nur sagen: entweder das Tier wurde falsch geschossen oder das Fleisch falsch zubereitet. Hier in Frankreich mögen wir Wild aller Art – je nach Saison Fasan, Rebhuhn, Reh, Hirsch, Wildschwein oder Gams und ich für meinen Teil schätze es besonders.”
Olivier Nasti geht mit größtmöglichem Respekt für die Natur auf die Jagd und ist sich der Saisonabhängigkeit von Wildfleisch bewusst.
„Im Frühling und Sommer ernähren sich die Hirsche von Blumen und frischen Kräutern, so dass ihr Fleisch in jener Zeit noch feiner und delikater schmeckt.” – Auch Gämsen schießt er, denn die gibt es nicht nur in den Alpen.
Einer der höchsten Gipfel des Vogesenkamms ist der Hohneck mit 1343 Metern. Dieser Berg besitzt ein hochalpines Erscheinungsbild und ist Heimat zahlreicher Gämsen.
Olivier Nasti praktiziert die sogenannte Ansitzjagd und erlegt dabei nur Wild, das er vorher aufgrund des Fleisches und der sofortigen Verwendung in der Küche ausgewählt hat.
„Durch die Jagd habe ich sehr viele Kenntnisse erworben, um das Wild noch besser zubereiten zu können.“
Ein Haus, das über insgesamt sieben Sommeliers verfügt, legt Wert auf Spitzenweine. „Nichts spiegelt so sehr das Terroir wie der Wein”, lächelt Lionel. So auch in der Winstub, in der wir uns einlassen auf die teils recht ungewöhnlichen Empfehlungen der Sommeliers Lionel und Jonas.
Boulangerie Levain in Kaysersberg
„Wenn ich morgens durch die Backstube in die Küche gehe, beginnt mein Tag ganz anders”, freut sich Als Olivier Nasti. Kein Wunder, grenzt doch die klitzekleine Bäckerei direkt an die Küche des Sternerestaurants. „Als ich den Bäcker Luc Roux begegnet bin und seine Leidenschaft für gutes Brot erleben durfte, war schnell klar, dass ich das Projekt „Boulangerie“ mit ihm machen möchte.”
Luc Roux, genannt Lulu, aus Dignes-les-Bains, arbeitet seit langem mit Natursauerteig und so wird auch in der Bäckerei Levain der Geschmack vergangener Zeiten lebendig: Brotspezialitäten gefertigt aus Natursauerteig und aus Mehl, das mit Mühlsteinen gewonnen wird. Das Kneten von Hand und die langen Ruhezeiten des Teiges gehören zur Handwerkskunst dazu. Inzwischen locken Qualität und Angebot zahlreiche Kunden an, die geduldig vor dem kleinen Laden Schlange stehen: Brote mit Früchten, klassische Landbrote in verschiedenen Größen, Brote mit Cerealien, Roggenbrot, Weißbrot oder Buchweizenbrot – für jeden Geschmack ist das Passende da. Dazu die süßen Backwaren wie Croissants und Pain au Chocolat, Brioches, Gugelhopf und Gourmet-Cookies.
– Auch wenn das Le Chambard in der ganzen Welt bekannt ist, ist es für Olivier Nasti umso wichtiger, seine Liebe und Verbundenheit zum schönen Elsass zum Ausdruck zu bringen, für welches er heute als großartiger Botschafter steht.
Hotel / Restaurant Le Chambard
La Winstub du Chambard
13 Rue du Général de Gaulle
68240 Kaysersberg, Frankreich
www.lechambard.fr
Insider Tipps von Top Sommelier Lionel
Winzer und Weingüter, die Sie unbedingt auf Ihrer Elsass-Tour besuchen müssen – die meisten sind die Deutschland so gut wie nicht bekannt.
Domaine Philippe Kubler
103, rue de la Vallée, F-68570 Soultzmatt
Domaine Céline Loberger,
10 rue de Bergholtz-Zell, 68500 Bergholtz
Domaine Maxime Humbrecht
33 Rue de Pfaffenheim, 68420 Gueberschwihr
Domaine Emile Beyer
7 Place du Château Saint-Léon
68420 Eguisheim
Domaine Albert Mann
13 Rue du Château
68920 Wettolsheim
Domaine Engel Frères
1 Rue des Vignes, 67600 Orschwiller
Domaine Marc Kreydenweiss
12 Rue Deharbe, 67140 Andlau
Domaine Bohn
1 Chem. du Leh, 67140 Reichsfeld