Das Quieken ist ohrenbetäubend. Die einzige Chance für das winzige Ferkel, seiner 170 Kilo schweren Muttersau kund zu tun, dass sie ihren gewichtigen Körper wieder von ihm erheben soll und zwar schnell. „Auch das ist Bio. Einige Ferkel werden erdrückt, weil die Mütter sich etwas ungelenk fallen lassen“, erklärt der Züchter Niko Raupach aus Haag.
Autorin Sabine Ruhland,
Fotos @foodhunter
Wir sind auf dem Ederhof von Niko und Sandra Raupach in Haag bei München. Ein Paradies. Angus Rinder, deren Weideflächen so groß sind, dass wir die Tiere nur als schwarze Tupfen vor der Alpenkette ausmachen. Kühe mit ihren Kälbern, die friedlich auf der Lichtung grasen und jede Menge Schweine. Darunter 20 reinrassige Duroc Zuchtsauen mit schönem Fellkleid. Auch der Nachwuchs kommt in zartem Cappuccinobraun zur Welt.
Der Ederhof ist zur Zeit der einzige ökologisch arbeitende Zucht- und Mastbetrieb mit einem größeren reinrassigen Duroc-Bestand in Deutschland.
Die Ställe sind offen, mit Stroh ausgelegt, es riecht nicht nach „Schweinestall“. – Was wichtig ist, denn Stallgeruch geht ins Fleisch.
Im Geburtshaus hat jede Sau mit ihrem Wurf einen eigenen Bereich, die Kleinen fegen pfeilschnell durchs Stroh. „Schweine sind neugierig, verspielt und ziemlich schlau“, sagt Niko Raupach, der Schweinefleisch gerne isst. – Nur dem Spanferkel hat er abgeschworen.
„Biobetriebe leben meist von den Subventionen und nicht von ihren Produkten. Das ist eine falsche Entwicklung“, sagt Niko Raupach
Die Idylle des Hofes trügt nicht. „Uns ging es immer ums Tier“, sagt Niko Raupach, dessen Vater bei der Gründung von Naturland mitwirkte. Trotzdem ist er von Bio, wie es derzeit in Deutschland praktiziert wird, nicht begeistert. „Biobetriebe leben überwiegend von den Subventionen und nicht von den Produkten.“
Geschürt wird diese Talfahrt durch Slogans wie ‚Bio für alle’. „Es muss dem Verbraucher klar sein, dass Bio ein Luxusprodukt ist, das wir mit unserer Arbeitskraft erzielen. Bio und artgerechte Tierhaltung stehen Masse und kleinem Preis gegenüber.“
Wir erinnern uns an einen Besuch auf der Bio-Fach. O-Ton eines Ausstellers: „Das Schlechte landet in Deutschland, das Gute geht nach Frankreich und Italien. So gehen die fettesten Schweine nach Italien.“
Das Duroc und das intramuskuläre Fett
Weiche Fettlinien durchziehen das Duroc-Fleisch, wodurch diese Rasse außergewöhnlich geschmackvolle, saftige Steaks und Braten liefert. – Weltweit lieben Gourmets und Spitzenköche das Duroc genau wegen dieser intramuskulären Marmorierung, die bei dieser Rasse ausgeprägter ist, als beim hochgelobten Iberico-Schwein.
„Mit dem Iberico wuchs aber beim Verbraucher wieder die Erkenntnis, dass Fleisch ohne jegliches Fett nicht schmeckt“, sagt Raupach. „Inzwischen ist es in, gut marmoriertes Fleisch zu kaufen. Das zeugt nicht nur von Kompetenz, es hilft auch den Züchtern und Tieren wieder mehr Bodenständigkeit zu bekommen.“ Geschlachtet werden die Duroc-Schweine nach acht bis neun Monaten, dann haben die Tiere rund 130 Kilo. Am liebsten würde Raupach auf dem Hof selbst schlachten lassen, doch ein eigenes Schlachthaus übersteigt bislang seine finanziellen Möglichkeiten. So konzentriert es sich auf Direktvermarktung und hat Glück, in Partnern wie Feinkost Käfer Unterstützung zu finden.
GUT ZU WISSEN
- Fett bildet sich beim Schwein in verschiedenen Depots: Zunächst als Organfett, danach als Fett unter der Haut, z.B. Rückenfett, schließlich dann die Fettdepots zwischen den Muskeln (intermuskuläres Fett)und schließlich als letztes Depot das intramuskuläre Fett, also jenes Fett, das als feine Marmorierung erkennbar ist.
- Die Reihenfolge dieser Fettbildung ist nicht zu durchbrechen – wer dem Schwein das unter der Haut liegende Fett wie das Rückenfett wegzüchten will, verhindert damit, das sich intramuskuläres Fett bilden kann.
- Intramuskuläres Fett ist Träger der Aromastoffe, beeinflusst Saftigkeit und Zartheit des Fleisches. So weisen viele Schweinzüchtungen nur noch 1 % intramuskuläres Fett im Kotelett-Muskel auf, mindestens das Doppelte wäre anzustreben. Das Duroc Schwein erreicht die gewünschten Werte.
- Zur Massentierhaltung kommt die Massenschlachtung. Viele Bio-Schweine enden wie alle anderen, in der Fließbandschlachtung. Was wäre die Alternative? „Schlachten am Hof“, sagt Niko Raupach, doch die Kosten für ein eigenes Schlachthaus liegen weit im sechsstelligen Bereich.