Die hübsche Westfälin Birgit Bartes-Peter passt nicht nur wunderbar ins Dirndl, sie hat sich auch fest in Bayern etabliert und entlockt als charmante Biersommelière selbst dem bajuwarischen Bier mit zementiertem Reinheitsgebot neue, beschwingte Seiten. Warum nicht mal innovative Konzepte rund ums deutsche Lieblingsgebräu?
Autor Sabine Ruhland, Fotos Foodhunter
Ihr Opa hatte ein festes Ritual: jeden Morgen ging er nach dem Frühstück in den Keller. Kein gewöhnlicher Keller, sondern ein naturgekühlter Bierkeller aus dem Jahr 1815 mit dicken Steinmauern. Dort war es selbst im heißesten Sommer nie über 4-5 °C warm. Birgits Opa war Bierbrauer. Vom alten Schlag. Da war Bierpflege eine gerne getane tägliche Arbeit. Fässer anstechen, Bierleitungen reinigen. Zu tun gab es immer. „In Westfalen ist das Bier wesentlich hopfenbetonter als in Bayern und da mir mein Opa als Kind immer den Schaum zum Kosten gab, dachte ich, Bier wäre überall auf der Welt eine recht bittere Angelegenheit.“
Die erste Biersommelière Bayerns
Das erste bayerische Weißbier war daher eine angenehme Überraschung und weckte in Birgit die Versuchung, Bier doch grundsätzlich – vor allem für die Frauen – a bisserl süßer und g’schmackiger zu machen. Da war die Ausbildung zur Biersommelière naheliegend. „Ich bin allerdings mit völlig falschen Voraussetzungen angetreten“, lacht sie. „Von wegen locker und fröhlich, wir wurden richtig gefordert. Chemie, Physik. Da war alles dabei.“ – Und ihr Ehrgeiz geweckt. Heute weiß sie alles übers Bier und wünscht sich mehr Kreativität und Toleranz fürs Thema.
„Ich liebe zum Beispiel belgische Biere. Eine unglaubliche Vielfalt. Trappistenbiere beispielsweise haben eine Karamellnote, sind körperreich, ähnlich wie Sherry. Passen hervorragend zu Käse.“ So entwickelte sie Menüs mit korrespondierenden Bieren. Dunkles Bier zum Schweinebraten, ein Lambic zum Fisch, weil es extrem frisch, fast „obstig“ ist. „Wissen Sie, das bayerische Reinheitsgebot ist eine gute Sache, aber Bier lässt sich nicht nur aus Gerste machen, sondern auch aus anderen Getreidesorten, mit anderen Zutaten verfeinern oder auch mal zu neuen Drinks umfunktionieren.“
Preiselbeer-Dunkel, Apfel-Weiße und Prosecco mit Bier. Traut euch!
Gesagt getan. Schon war der „Weißbier-Holler“ erfunden. Weißbier ins Glas, einen Schuss Hollersirup dazu, mit restlichem Weißbier aufgießen. Oder die „Apfel-Weiße“, eine Alternative zum Russen. Verhältnis 0,2 l Apfelsaft auf 0,3 l Weißbier. Nicht so süß, nicht so kohlensäurehaltig. Ein perfekter Durstlöscher. An Cranberrys hat sie sich die Zähne ausgebissen. „Eine Katastrophe mit Weißbier, auch mit Pils ging es nicht.“ Aber dann, mit dunklem Bier. „Preiselbeer-Dunkel“ nennt sie es. Aus je einem Teil rosa Traubensaft, Prosecco und hellem Bier. Genannt das „Klosterwunder“, weil’s in einer Klosterschänke erstmals auf den Tisch kam. Begeisterung bei den Testern. „Endlich nie mehr Sekt Orange bei Festivitäten!“ Ähnliches versucht sie mit Aperol. Den Bitter mit Wasser oder Prosecco aufgießen und ein Helles obendrauf. „Experimentieren erlaubt“, lacht sie.
„Wenn eine Gastronomie schließt, ist das auch eine Imageverlust für die Brauerei, die dahinterstand“
Außer mit zahlreichen Bier-Kreationen, hilft Birgit Bartes-Peter auch ganz gezielt und marketingorientiert. „Jede Brauerei hat ein breites Spektrum. Da heißt es Besonderheiten herausfiltern und für die Gäste interessanter umsetzen. Mal ein bayerisches Kultbier wie das Tegernseer in der Flasche auf die Tische stellen. Das mögen junge Leute. Oder einen raffinierten Bier-Cocktail kreieren, denn in ein Wirtshaus gehört ein Bier und kein Mojito. Auch Kochen mit Bier ist ein Aspekt und damit meine ich nicht, Bier in die heiße Soße kippen. Übrigens verflüchtigt sich das Bieraroma bei Hitze ohnehin und es bleibt nur das Bittere. Man kann ein Gersten-Risotto zaubern und mit Bier verfeinert oder ein Malz-Dessert anbieten. Themen, die Bier moderner und interessanter erscheinen lassen. Es setzt sich nur kaum jemand damit auseinander. Das Bier kommt aus dem Zapfhahn, fertig.“ Dabei ist es gerade das mangelnde Image des Bieres, das vielen Brauereien sauer aufstößt. Während Wein zelebriert und charakterisiert wird, Sommeliers beraten, welcher Wein sich zu welchen Speisen empfiehlt, is a Bier eben a Bier.