Korrektur: Inzwischen hat Yannick Noack das Purs verlassen. Die Regie am Herd hat jetzt Peter Frídén.
Mit fünf Jahren wünschte sich Yannick Noack einen Herd. Mit sechs Jahren eine Kochjacke und mit sieben einen Kochkurs bei Dieter Müller im Schlosshotel Lerbach. Von Kindesbeinen an war klar, wohin die Reise geht.
Den Traum seines Lebens hat er sich auf den Arm tätowiert. Wer Yannick Noack in seiner Wirkungsstätte Purs in Andernach trifft, spürt diese ungebrochene Leidenschaft für seinen Beruf. Seine Energie scheint überbordend, seine Abenteuerlust auch, denn seine Gäste dürfen sich auf eine Reise durch die Welt der Aromen begeben, die den Geschmacksknospen alles abverlangt.
Autoren Sabine Ruhland,
Dirk Vangerow
Fotos © foodhunter
Das Purs Relais-&-Châteaux-Luxus-Boutique-Hotel & Restaurant könnte an vielen Hotspots der Welt beheimatet sein. Dass dieses Schmuckstück in Andernach seinen Platz gefunden hat, ist den Besitzern zu verdanken, die hier ihren Firmensitz haben. Mit ihrer Hotellerie und Gastronomie setzen sie eine Benchmark:
Das Hotel Purs ist das erste weltweit, das komplett von Axel Vervoordt eingerichtet wurde und das gleichnamige Restaurant erhielt bereits wenige Wochen nach Eröffnung unter Chefkoch Christian Eckart zwei Guide Michelin Sterne.
Nach dessen Weggang hat Yannik Noack als sein ehemaliger Sous Chef im August 2022 die Regie am Herd übernommen. „Das war natürlich eine Herausforderung”, sagt er. „Sollte ich das kulinarische Konzept fortsetzen oder meine eigene Handschrift ansetzen? Ich habe es riskiert und letztlich die zwei Sterne verteidigt.”
Dieser Erfolg lässt ihn zudem in die Annalen des deutschen Guide Michelin eingehen, denn Yannick Noack ist mit 29 Jahren der jüngste 2 Sterne Küchenchef in Deutschland.
Ich gehe an die Grenzen des Genusses und des Machbaren und auch manchmal darüber hinaus. Ich möchte mich absetzen und dennoch die klassische Küche auf dem Bildschirm behalten. Die Gratwanderung zwischen Klassik und Moderne fordert mich und mein Team täglich.”
Kraftstrotzende Saucen, ein Potpurri an Aromen, Süßes im Kampf mit Saurem und Salzigem, Gewohntes in völlig neuer Textur, gewagtes Food-Pairing …. Yannick Noack tobt sich aus auf der Spielwiese der Genüsse. Grenzgänger nennt er sich selber, scheut sich dabei nicht, seine Gäste zu fordern.
Das beginnt bereits mit den Küchengrüßen. Ein geeister Beurre Blanc Sponge mit einer samtigen Schalotten-Note, die wunderbar zum Kaviar passt, der das kleine Kunstwerk krönt. Dazu ein sensationeller Chardonnay Sekt vom Sekthaus Krack in Deidesheim.
Der Aperitif in ungewöhnlich kommunikativer Atmosphäre lässt die Gäste schnell in ein Gespräch finden. Ein lockerer Austausch über die Erfahrungen mit Sterneküche, den Ortschaften am Rhein und dem Wein. So unkonventionell das Entrée, so leger auch der Umgang mit dem hochdekorierten Restaurant. Kein Dresscode. Keine Steifheit.
Das Interieur des Restaurants Purs gleicht einem Auditorium an dessen Ende, einer Bühne gleich, die Akteure hinter gläsernen Türen ihr Werk vollenden.
Kupferne Wärmelampen werfen warmes Licht in die heilige Halle, die von Bögen aus schwarzem Vulkanstein geziert ist und von dem Blick in einen urbanen Garten. Die Tische großzügig arrangiert – im Purs wird für maximal 30 Gäste gekocht.
Die Besprechungen mit meinem Team und auch mit meinen Lieferanten sind an der Tagesordnung. Obwohl wir vieles regional beziehen können und da sind wir mit dem Alte Werte Hof für bestes Fleisch und unseren Obst- und Gemüseproduzenten wie die Firma Abels aus Bonn oder die Firma Dreesen-Kräuter, die extra für uns spezielle Saaten anbauen, bestens aufgestellt. Diese Frische und Qualität hat natürlich seinen Preis und fordert eine Planung und Logistik mehrere Monate im Voraus.”
Dass Yannick Noack sein Food-Pairing beherrscht und dabei Konsistenzen zaubert, die seine Lehrjahre in der Sterneküche eindrucksvoll belegen, zeigt der Hamachi, der „Himmel und Erd” verbindet – unter der fantastischen, luftig-weißen Sojasauce schlummert zarter Blumenkohl, als Krönung das richtige Quäntchen Kaviar. Verbinden sich alle Bestandteile zu einem Bissen ist ein Höchstmaß an kulinarischer Wolllust erreicht.
Nicht nur das Food-Pairing muss passen, auch die Wein-Pairings mit Lisa und Sascha Schmidt sind enorm wichtig denn erst der Wein und letztlich auch der Sommelier machen das Menü perfekt”, sagt Noack.
Es folgt ein Carabiniero von bester Qualität, dessen Geschmack keiner großartigen Begleitung bedarf. Yannick Noack lässt dem Akteur diesen Auftritt, flankiert ihn mit einem dekonstruierten Kopfsalat und lässt ihn auf einer süß-säuerlichen Kumquat-Beurre Blanc in den Feinschmecker Olymp segeln. Dazu eine Weinempfehlung von Sommelier Sascha Schmidt: Ciringa von der Domain Tement aus Slowenien, sehr geschätzt bei internationalen Weinkennern.
Der Ciringa ist ein Sauvignon Blanc, dessen Reben auf Muschelkalk-Böden gedeihen und einen charakteristischen Geschmack besitzen – etwas salzig, was gut zum Carabiniero passt, aber auch mit floralen und mineralischen Noten, was hervorragend mit der Kumquat Beurre Blanc harmoniert. Er reift 2 Jahre micro-oxidativ.”
Der bretonische Rochen kommt in ungewöhnlicher Form – ähnlich einer eleganten Clutch, punktuell dekkoriert mit Wollschwein, Saubohne und Berry Linsen. Die schaumig-fluffige Sauce mit sehr konzentrierter Aromenkraft zeigt wieder deutlich die Handschrift des „Grenzgängers” und zugleich seine Leidenschaft für die Basics der französischen Haute Cuisine.
Sascha Schmidt offeriert dazu einen 2016er Saumur „Les Chapaudaises” blanc von Winzer Brandon Stater-West, einem Exil-Amerikaner mit Wohnsitz in Saumur.
Les Chapaudaises ist ein nur ein Hektar großer Weinberg in der Gemeinde Bizay, weshalb die Flaschen limitiert sind. Der Boden besteht oben aus Lehm und Sand, darunter weicher Kalkstein. Das sind schwierige Gegebenheiten, die Reben wachsen nur langsam und die Trauben sind deutlich kleiner, aber auch konzentrierter. Brandon Stater-West setzt auf frühe Ernte, was dem Wein etwas sehr Erfrischendes verleiht – ideal zum Rochen und ihm gleichzeitig eine knackige Säure verleiht, ideal zum Wollschwein. Die Trauben werden im Ganzen gepresst, die alkoholische Gärung findet in Edelstahl statt und wird auf unter einem Monat gehalten. Natürlich sind nur einheimische Hefen zugelassen. Sobald die alkoholische Gärung abgeschlossen ist, wird der Wein abgefüllt und dann für etwa 12 Monate in Fässer gefüllt.”
Ein Signature Dish ist das hauchzarte geräucherte US Beef, arosiert mit einem Beef Tea, sehr konzentriert fast bis zur absoluten Salzigkeit und für manche Gäste etwas zu viel des Guten. Ein Aromenbombe, die diesen Namen auch verdient. Die foodhunterin ist froh, sich für einen Raviolo entschieden zu haben, Soul-Food im schönsten Sinne, mit federleichter Schmand-Sauce und knusprigen Zwiebelgewächsen.
Dass Yannick Noack auch vegetarisch neu interpretiert, zeigt sich an der Knusperroulade. Seidentofu raffiniert verpackt und von Trüffel-Fond begleitet. Dazu ein Trust Cabernet Sauvignon 2008 aus dem Columbia Valley USA, Kirschnoten, Nuancen von Vanille, und trotz Jahrgang 2008 erfreulich frisch.
Am Ende des Abend sind unsere Geschmacksnerven extrem sensibilisiert, es hat Spaß gemacht, war eine Herausforderung, zeigt, wie unterschiedlich sich die Sterneküche von heute präsentiert.
„Eine Spitzenküche – einen Umweg wert” definiert der Guide Michelin die 2-Sterne-Kategorie. Wir finden, Yannick Noack ist mehr als einen Umweg wert, wir haben des Purs wegen eine Reise nach Andernach auf uns genommen. – Wie gut, dass Yannick auf dem rechten Unterarm noch Platz gelassen hat.
Purs Luxury Boutique Hotel & Restaurant
Steinweg 30-32
56626 Andernach
Mi-Sa ab 18.30 Uhr
www.purs.com