Immer noch gilt die Stopfleber als unwiderstehliche Delikatesse. In Frankreich sowieso, dort gilt die Foie gras sogar als gastronomisches Kulturerbe. Doch viele deutsche Spitzenköche beweisen: Qualität geht auch ohne Quälerei.
Autor Oliver Zelt,
Fotos ©foodhunter
Benjamin Gallein serviert Bewusstsein und Genuss. Inmitten von einem Löwenzahnpotpourri aus Creme, Salat und marinierten Blättern thront eine fette Gänseleber.
Nicht nur die herben Aromen des Löwenzahns sind eine feine Überraschung. Die Leber stammt von einer Gans aus Biohaltung, die sich selbst vollgefressen hat und nicht vollgestopft wurde.
Der Küchenchef im 1-Sternrestaurant „Olle Deele“ in Großburgwedel „will nichts aus der traditionellen Tierquälerei“. Auf dieses Bauernritual kann nicht nur Gallein gerne verzichten, auch seine Gäste sind vom Geschmack begeistert.
Aus der Foie gras wird die Foie fine
Ganz ohne Tricks geht es allerdings nicht. Feinkosthändler Ralf Bos kennt die List der Züchter. Gänse würden sich eine natürliche Form der Fettleber anfressen, wenn sie den Flug nach Afrika überstehen wollen. „Durch Licht- und Temperatursteuerung in den Ställen ist es möglich, diese Situation das ganze Jahr zu simulieren“, so Bos. Die Franzosen nennen sie „Foie fine“. Schon der Name klingt feiner.
Die Stopfmast, bei der den Tieren mit langen Stäben ein Maisbrei in den Magen gepresst wird, ist in vielen Ländern Europas, wie in Deutschland. In Frankreich allerdings betrachtet sie die Nationalversammlung, das Unterhaus des Parlaments, als „nationales und gastronomisches Kulturerbe“.
Immer mehr Spitzenköche verbannen die „Foie gras“, die „fette Leber“ aus ihren Küchen und arbeiten mit der ungestopften Leber.
Vincent Klink, der in seiner „Wielandshöhe“ in Stuttgart gerne bodenständige und trotzdem begnadete Gerichte serviert, erinnert sich gerne an seine Kindheit im Nördlinger Ries. Dort hatte er bei einem Bauern Gänse zu hüten. Die fraßen Brennnessel und Nudelreste.
„Die Tiere waren feist und auch ihre Lebern gediehen prächtig, das aber sehr langsam“, erinnert sich Klink. Und fragt sich, „warum kommt niemand auf die Idee, dieses Kulturgut so herzustellen wie Oma und Gänselieseln das damals machten?“ Bei Klink gibt es keine Gänseleber.
Im Sternerestaurant “top-air”in Stuttgart serviert der Chefkoch ungestopfte Bio-Gäseleber in drei Varianten: mit Holunderblüten-Essigschaum, mit Curry, Koriander und Banane sowie zusammen mit Blutwurst..- Welch eine Kreativität.
In anderen Spitzenrestaurants steht die Stopfleber weiter auf der Karte. Als offenbar unverzichtbarer Genuss für den Gaumen und Luxus-Delikatesse.