Mit zwei Vorurteilen muss schleunigst aufgeräumt werden. Die Franken machen keinen guten Wein und deutscher Sekt schmecke staubtrocken, pappsüß oder gar langweilig. Bei der Gelegenheit haben wir nicht nur Paul Glaser und Divino kennengelernt, sondern auch die Schönheiten vom Franken-Weinland und der Mainschleife. Ein paar prickelnde Tipps für ein perfektes Wochenende in Franken!
Autor Dirk Vangerow, Fotos foodhunter
„Ein Hammer!“ Paul Glaser schmunzelt angesichts unserer Begeisterung. Der Kellermeister von Divino Nordheim weiß, was er uns da ins Glas gegossen hat. Einen Gewinner, der reihenweise internationale Preise und Trophys abräumte: „Franconia Silvaner extra trocken“, leichte Mousseaux. Ein zarter Duft nach reifen Bananen mit feinen mineralischen Nuancen. Frisch im Geschmack, saftig auf elegante Art. Daneben den Winzersekt Divino mit frischen Aromen von Quitte und Birne. Im Geschmack cremig-elegant mit feinem Mousseaux.
Zweifelsohne Sekte für schöne Anlässe, die ihre Heiterkeit sicher auch ihrer Heimat zu verdanken haben. Denn die Wurzeln liegen in einer Landschaft, die der Toskana ebenbürtig ist, in der sanfte Hügel, lange Weinhänge und ein sich räkelnder Main aufeinandertreffen, in der Muschelkalk-Böden die Grundlage bilden für gehaltvolle Trauben. Allen voran dem Silvaner, der zu Franken gehört wie der Riesling zur Pfalz.
219 Mitgliedswinzer liefern das Ausgangsmaterial für die Winzergenossenschaft Divino, wobei wir beim vielleicht dritten Vorurteil wären, das hiermit verpufft: Genossenschaften machen keinen guten Wein.
So stammen die Sektgrundweine von Divino Nordheim prinzipiell aus gesunden, reifen Trauben, die auf Basis des Säuregehalts gelesen werden und nicht nach Zuckergehalt.
„Diese feine, frische Säure wirkt wie ein Geschmacksverstärker, sie verleiht dem Sekt in Verbindung mit der Fülldosage einen ausbalancierten Geschmack“, erklärt Paul Glaser. Da physiologisch beim Reifeverlauf die Säure abnimmt, werden die Trauben für Sektgrundweine vor der allgemeinen Lese geerntet. Sind sie zu Wein vergoren, entscheidet der Kellermeister über die Art des daraus zu gewinnenden Sektes. Möchte er einen jungen, frisch anmutenden Sekt herstellen, wird der Sektgrundwein schnellstmöglich von allen Trubstoffen befreit und zur Versektung gegeben. Soll der Sekt später einen reifen Geschmack aufweisen, wird auch dem Wein Zeit gegeben, um in Ruhe zu reifen. „Grundsätzlich verstärkt die Versektung die Eigenart des Grundweines“, weiß der Kellermeister.
Ist es soweit, wird dem Grundwein die Fülldosage (Tirage) zugesetzt. Sie besteht aus Zucker, ungefähr 24 Gramm je Liter und Hefe, ungefähr 30 Milliliter je Liter. Die Hefe-Zucker-Mischung ist der Treibsatz für die zweite Gärung des Schaumweins. „Wir arbeiten bei der Sektherstellung im Tranvasierverfahren. Dabei wird die Gärung wie bei der traditionellen Methode in einer speziellen Gärflasche durchgeführt, die Enthefung erfolgt jedoch nicht mittels Degorgieren, sondern nach Entleeren der Flaschen unter Kohlensäuredruck durch eine Filtration. Der Sekt wird anschließend im Drucktank dosiert und auf neue Flaschen gefüllt.“
Weil die zweite Gärung des Sektes wie bei der traditionellen Flaschengärung in Flaschen stattfindet, darf der Sekt als Flaschengärung deklariert werden – jedoch nur bei einer Herstellungsdauer von mindestens neun Monaten und einer Dauer der zweiten Gärung und anschließenden Lagerung auf der Hefe von mindestens 90 Tagen. Bereits im 19. Jahrhundert experimentierte man mit dem Umfüllen, französisch „transvaser“, des entheften Sektes in kleinere Gefäße. Der Vorteil dieser Methode: der Sekt wird durch die Entleerung homogenisiert, mögliche Geschmacksunterschiede nivelliert. Das alles zu wissen ist schön, an dem sonnigen Spätsommertag in den Divino-eigenen Standkörben am Ufer der Maininsel zu dösen und zu genießen, was die Winzer hier geschaffen haben, allerdings noch weitaus schöner.
Für Interessierte bietet die Wintergenossenschaft auf Anfrage Führungen durch Weinberg und Kellerei an. Tel. 09381/809990. www.divino-nordheim.de
Noch ein paar Foodhunter-Tipps
Die längste Weinstraße
Um eine Straße werden Sie nicht drumherum kommen: die Bocksbeutelstraße in 97332 Volkach-Escherndorf. Vor allem Trinkfreudige wird das glücklich stimmen, denn entlang dieser Straße ranken sich: Weingut Am Lump (Erzeugung überdurchschnittlicher Weine, insbesondere Steillagenweine aus einer der drei besten Lagen Frankens, dem berühmten „Escherndorfer Lump“), Weingut Horst Sauer (alle Weine aus dem Weingut tragen nicht nur seinen Namen, sondern auch ein klares und deutliches Profil) Weingut Michael Blendel, Weingut Michale Fröhlich, Weingut Rainer Sauer.
Hotel/Restaurant Philipp
Traumhaften Fachwerkhäuschen mit Zimmern im ersten Stock. Familiär, idyllisch, liebeswert. Dazu feine Sterneküche im dazugehörigen Lokal. Im Sommer draußen sitzen. Hauptstraße 12 97286 Sommerhausen, www.restaurant-philipp.de
Designhotel Vinotel Augustin
Die Zimmer tragen nicht nur abgefahrene Namen wie Afrika, Pop-Art oder Space – sie sind auch entsprechend eingerichtet. Damit wurde Vinotel Augustin zu Deutschland erstem und einzigem Wein- und Designhotel – und das mitten im bodenständigen Franken.
Sulzfeld am Main, Matthias-Schiestel-Str.4. Doppelzimmer 110 Euro inkl. Frühstück. www.vinotel-augustin.de
Gästehaus Weingut am Stein
Ein großes Apartment mit 3 Schlafzimmern, offener Wohn- Essküche mit Kaminfeuer, Bad und Terrasse bietet die Gelegenheit am Fuße des Steins auszuspannen. Moderne Architektur, modernes Ambiente mitten in den Weinbergen. Die Schlafzimmer können individuell gebucht werden oder das ganze Haus für bis zu 6 Personen. Günstigere Preise, wenn Sie 3 Nächte bleiben. Ansonsten je nach Wochentag ab 120/200 Euro pro Schlafzimmer. Keine Haustiere erlaubt. Schade, wir müssen mit Verlagshund Snoopy leider draußen bleiben.
Steinbergweg 5, 97080 Würzburg. www.weingut-am-stein.de