Sara Nyborg musst du kennenlernen, wurde mir geflüstert. Denn diese sympathische Dänin hat Biss. Genauso ihr Roggenbrot. Die Mieterhöhung für ihr Café bei Highgate konnte sich Sara nicht mehr leisten. Dafür aber ein niederländisches Lastenfahrrad, das sie nach der Kündigung vollbeladen mit ihren frischen Backwaren vor die einstige Adresse stellte und für Euphorie bei den Kunden sorgte.
Autor Carola Kühnl, Fotos Carola Kühnl
Auf Twitter lässt sich Sara schnell finden und heute sitze ich mit ihr bei Kräutertee am Tisch in ihrer “Werkstatt”, der eigenen Küche. Sara aus Skandinavien trägt Jeans und eine viel zu weite Schürze mit groß aufgenähten Taschen aus gleichem Stoff. “In die Beutel schmeiße ich alles rein, was griffbereit sein muss. Und die Hose hier trage ich schon über 10 Jahre, Fashion ist unwichtig geworden“, lachte sie.
Ihre unkomplizierte Arte gefällt mir. Hatte Mode je einen hohen Stellenwert bei ihr? „Natürlich, in der Szene sein war wichtig, Deswegen zog ich kurz nach dem Studium nach London, weil alle hierher zogen. Ich wusste gar nicht, was ich arbeiten sollte, und begann in Hotels und in Restaurants zu jobben.” In der Gastronomie entdeckt sie Ihr Talent fürs Kochen und Backen und erobert das Herz eines Italieners. Seit etlichen Jahren passt gerade mal ein Stück Papier zwischen die beiden, auf dem steht: Mann & Frau. „Er gibt mir den Rückhalt, dass sich machen kann, was ich will. Backen!“
2010 eröffnet Sara „Nyborg’s Kitchen“, ihr kleines Café. Bekannt durch gutes Frühstück, schwedischen Kaffee und hausgemachtes, fluffiges Weißbrot. Sara will aber was Besonderes bieten und entwickelt ein Rezept für ein Roggenbrot aus Sauerteig, vollem Korn und Malz, kreiert Brote mit Samen, mit Nüssen gefüllt oder Aprikosen. „Ich bin nicht jeden Tag gleich, so auch nicht meine Brote.” Die Kunden jedenfalls lieben alle Sorten. Das kleine Business mit dem Brot fängt an zu wachsen. “Ich war sehr stolz und guter Dinge, doch dann kam im dritten Jahr eine stattliche Mieterhöhung”, erzählt sie.
Notgedrungen kündigt sie, wird kreativ, und präsentiert sich fortan als dynamische Straßenverkäuferin, deren Auslage ein Backfiet (Aluminium-Blech mit Mulden) ist. Der Verkauf von Brot und Gebäck findet zweimal wöchentlich vor ihrem einstigen Laden statt und jedes Mal ist sie ausverkauft. “Meine Chance auch ohne vier Wände meine „Brötchen“ verdienen zu können.”
Inzwischen steht Sara jede Woche auf dem “Broadway Market in Hackney” und auf dem “Farmers Market” in Alexandra Palace und bietet ihre handgemachten Brot- und Backwaren an. Die schmecken den Besuchern immer besser. An guten Tagen verkauft sie 15 Laib Brot und 15 Zimtknoten verkauft, an sehr guten Tagen 60 Laib Brot und 80 Zimtknoten. Ein kiloschwerer Laib kostete zwischen 3.50 und 5 Pfund.
Existenzgründern wird es in Großbritannien leicht gemacht, es darf zuhause produziert werden.
„Man meldet bei der Stadt, dass man hausgemachte Produkte auf Märkten verkaufen will, die Kontrolle kommt, macht vielleicht ein paar Verbesserungsvorschläge und das war’s. Ich musste weder speziell umbauen noch mir Geräte anschaffen. Hier in London will man mobilen Kleinunternehmern helfen, auf die Beine zu kommen. In Dänemark ist eher das Gegenteil der Fall, die Vorschriften sind zu streng“, erzählt Sara.
Für ihre Küche hat sie nach kurzer Zeit jedoch zwei Dinge angeschafft, um die Produktion zu optimieren: eine große Knetmaschine, denn zuvor hat Sara täglich 80 Vollkornbrote mit der Hand geknetet und ein Backofen, der sich aus vier einzelnen zusammensetzt.
Sara Nyborg lehnt in Gedanken vertieft an der Küchenzeile und sinniert durchs Fenster. Ein Dauerauftrag fehlt ihrem jungen Bäckerdasein, der die täglichen Brötchen garantiert. Wer weiß, vielleicht kann ich ihr ja dabei helfen. Bis demnächst, Eure Carola.
www.twitter.com/nyborgskitchen
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