von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

Schnäpel, Forelle, Saibling, Felchen – heimischer Kaviar

Schnäpel, Forelle, Saibling, Felchen – heimischer Kaviar
red caviar

Die nordostdeutschen Fischer sind nur einige von wenigen, denen eine die deutsche Variante des Kaviars gelingt. Doch sie sind „en vogue“, den angesichts störleerer Seen und Wildfangverbot suchen Genießer nach Alternativen aus den Gewässern zwischen Meer und Alpen. Doppeltes Glück für die Fischer, denn „das Gute um die Ecke“ ist bei Hobby-Gourmets und Profi-Köchen zudem gleichermaßen gefragt.

 

Autor Oliver Zelt,
Foto oben ©fotolia, Sea Wave

 

Hundert Kilometer nordöstlich der Müritz, am sandigen Ostseestrand von Bansin auf Usedom fängt einer der letzten Fischer der Gegend, Eddy Stoll, in seinem Netzen den Schnäpel. Den Fisch mit nasenartiger Wölbung über dem Maul kennen Oma und Opa auch als Steinlachs. Die unreifen Eier des im November gefangenen Schnäpels, etwa zwei Millimeter groß und glitzernd orange, pökelt Jürgen-Uwe Kreisler, Chef des „Rankwitzer Hofes“ mit sieben Prozent Meersalz zu seinem „Pommerschen Kaviar“. Ein kleines Töpfchen mit Schmand, Dill und Toast serviert der Koch für preiswerte 4,40 Euro. Obwohl der Name ältere Einheimische irritiert. Ist der „Pommersche Kaviar“ doch traditionell Gänseschmalz mit Majoran und Zwiebeln gewürzt.

 

Forellenkaviar ist kein „Ersatz“ – er ist ein wunderbares Produkt.

 

In der Ostsee züchtet Tassilo Jäger-Kleinicke große Lachsforellen. 100 Meter vom Ufer in der Kieler Förde schweben sie in großzügigen Drahtbecken durchs Wasser. Anders als seine ostdeutschen Kollegen verkauft Jäger-Kleinicke den orangen Kaviar  nur frisch in seinem Laden. Mit dem Perlmuttlöffel füllt er aus einer Glasschale, die auf gestoßenem Eis steht, für seine Kunden den Rogen ab. 50 Gramm für vier Euro, da „muss ich nicht reich sein, um den Luxus zu genießen“. Sein Forellenkaviar sei nicht nur Ersatz, sondern „ein Top-Produkt“. Im heimischen Kühlschrank hält er sich theoretisch zehn Tage doch nach einer Woche werden „die Eier stabiler und etwas fischiger“, so der Kieler Fischer. Am besten gleich essen da sei der Genuss optimal.

 

Haute Cuisine und der Kaviar vom Bachsaibling aus Landsberg

 

Nikolai Birnbaum ist ebenfalls im „Kaviargeschäft“. In Epfenhausen bei Landsberg züchtet die Familie seit 40 Jahren Karpfen und Saiblinge. Seinen Kaviar vom Bachsaibling, äußerst selten, verkauft der Fischermeister nur frisch während der Laichzeit zum Herbstende.

In den Küchen der Meisterköche ist derzeit Saiblingskaviar absoluter Favorit. Sternekoch Tim Raue servierte ihn einst dem amerikanischen Präsidenten Obama als Krönung zu weißem Spargel und Zitronenschaum.   Joachim Wissler, hochgelobter Küchenmeister in Bergisch Gladbach, schaffte es mit Schweinekinn, Saiblingskaviar, Semmelknödeln und Erbsencreme sogar bis in die ZDF-Galerie der „Meisterwerke der modernen Kochkunst“.

 

Rund um den Bodensee sind die Eier der Felchen besonders gefragt

 

Der weißlich-silberne Fisch, eine Familienmitglied der Maränen, mit blaugrünem Rücken ernährt sich von kleinstem Plankton, meist nahe am Seegrund. In der Laichzeit allerdings, so zwischen November und Dezember zieht es ihn in großen Schwärmen zur Oberfläche. Die ideale Zeit für Felchenkaviar, klein wie Stecknadelköpfe, den Genießer als „zartschalig und mild“ beschreiben. In Meersburg können die Kaviar-Fans bei Fischer Axel Mayer die Köstlichkeit gefroren im 125 Gramm-Becher kaufen. Schon für den kleinen Genusspreis von 3,25 Euro.

 

GUTE ADRESSEN

Tassilo Jäger-Kleinicke, Radebrook 3a, 24147 Kiel. www.jaeger-kleinicke.de

Birnbaum´s Fischzucht, Am Schwallberg 1, 86929 Epfenhausen. www.fischzucht-birnbaum.de

Rankwitzer Hof, Dorfstraße 15, 17406 Rankwitz, www.rankwitzer-hof.de
Fischerei Klingenstein-Mayer, Axel Mayer, Schützenstraße 15, 88709 Meersburg.  www.fischerei-klingenstein-mayer.de

 

 

GUT ZU WISSEN

 

Oft kommt der charakteristisch orange Forellenrogen schwarz gefärbt in die Regale der Feinkostläden. Die Redakteure des Magazins „Der Feinschmecker“ attestierten dem Schwarzen allerdings den Geschmack eines „Blumentopfes“. Städter, die also auf Maränen-, Felchen- oder Saiblingskaviar stehen, müssen schon einen kreativen Filialleiter im Supermarkt ihres Vertrauens haben. Damit er neben dem billigen, meist völlig versalzenen Seehasenrogen immerhin den milden Forellenkaviar in der Kühltheke findet. Statt zwei Euro bezahlt er dafür zehn für ein 150 Gramm-Döschen.

 

Kaviar selber machen? Geht auch

 

Wer die Muße und Leidenschaft besitzt, selbst Experte zu werden, findet in zahlreichen Internet-Chats vermeintliche Meister des Fachs. Beim Züchter „besorge ich mir frischen Forellenrogen“, schreibt „Mucki“ auf anglerboard.de. Unter keinen Umständen, warnt er, dürfen „die Eier gewaschen werden“, denn sonst „erhälst du Billardkugeln“.

In einer sauberen Schüssel nun den Rogen mit maximal drei Prozent Meersalz verrühren. Nicht anders wird der russische Malosol-Kaviar hergestellt (übersetzt heißt „Malosol“ „wenig Salz“). Für die Amateure gibt  Thomas den Hinweis, nur mit „desinfizierten Geräten und Einweghandschuhen“ zu arbeiten. Denn „das wenige Salz“, warnt der Chatter, töte keine Keime ab.

 

 

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