von foodhunter
Kategorie: Esskultur

Tischmanieren. Zeige mir, wie spät es ist.

Tischmanieren. Zeige mir, wie spät es ist.

Da ist die Foodhunterin ganz kribbelig geworden – auf die Frage bei “Wer wird Millionär”, was die “Zwanzig nach vier-Stellung” bedeutet. Klar, das hätten wir gewusst und wären dann auch Millionär geworden. Denn es ist das Zeichen für den Ober, dass der Gast mit dem essen fertig ist und der Teller abgeräumt werden kann. Gibt’s noch mehr geheime Stellungen? Aber ja. 

Autor Sabine Ruhland

Neulich in einem bayerischen Wirtshaus. Unsere Begleitung hatte noch die halbe Breze auf dem Teller, knabberte immer wieder daran herum und dennoch kam der Ober ständig, um den Teller abzuräumen. Kein Wunder, ihr Besteck lag in der “20 nach 4” Stellung.
Dann wieder erleben wir ungnädige Gäste die aufs Abräumen warten, doch ihr Besteck signalisiert dem Ober “ich mache nur Pause”. Wer sich ohne Worte mit dem Service verstehen will, muss eben “die Uhr” kennen.

“20 nach 4”-Stellung: “Ich bin fertig”
Den Teller als Uhr betrachtend, oben 12 unten 6 Uhr, liegen Messer und Gabel parallel auf “vier Uhr” oder genauer auf 20 nach vier, weil Messer und Gabel ja untereinander liegen. Der Gast ist fertig mit dem Essen, Teller kann weg.

“20 nach 8”-Stellung: “Kurze Pause”
Messer und Gabel bilden ein Dreieck, das Messer liegt auf acht Uhr, die Gabel – mit dem Rücken nach oben – auf vier Uhr. Der Gast legt eine Pause ein. Der Ober weiß: noch nicht abräumen.

“20 vor 8”-Stellung:  “Hat nicht geschmeckt!”
Nun, man kritisiert ja eher ungern im Lokal. Wer die Regel kennt, könnte es charmant ausdrücken, doch da viele Ober diese Stellung nicht kennen oder ignorieren, ist sie eher was für Insider. Wenn Beschwerde, dann doch eher mündlich. Und so sähe es aus: Messer und Gabel bilden wieder ein Dreieck zueinander, wobei sich Klinge und Zinken in der Mitte zur “20 vor acht-Position” treffen.

“5 nach halb 7”-Stellung: “Kompliment an den Küchenchef”
Hat es dem Gast geschmeckt, kann er das natürlich auch durch sein Besteck ausdrücken. In diesem Fall wird das Besteck mit beiden Griffen nach links unten parallel zueinander positioniert. Für den Kellner heißt das, er kann abräumen und dem Chefkoch das Kompliment seines Gastes übermitteln.

Besteck, Foodhunter (1)

Noch ein bisschen “Kniggerei”

Salat und Messer
Neulich war es wieder mal soweit: unsere Begleitung uns ein Teller Salat mit immens großen Blättern. Weil sie wohl mal gehört hat “Salat nie mit Messer, nur mit Gabel essen”, wurde es ein eher unschickliches Unterfangen. Dabei darf Salat, vor allem große Blätter” sehr wohl mit Messer und gabel verspeist werden. Einzige Regel: Blätter mit Hilfe des Messers zu mundgerechten Stücken zusammenfalten und nicht schneiden.

Die Serviette
Sie ist weder ein Mundtuch oder gar Taschentuch oder Wischtuch. Sie wird nur benutzt, um die Lippen abzutupfen, bevor man zum Glas greift, um an dessen Rand keine Fett- oder Essensreste zu hinterlassen. Die Serviette wird  auf den Schoss gelegt, sobald man Platz genommen hat und nicht erst, wenn das Essen kommt. Auch gehört sie weder  in den Hemdkragen oder an die Knopfleiste des Hemdes.
Nach Beendigung des Essens wird die Serviette (auch wenn es sich um eine Papierserviette handelt!) nicht zerknüllt auf den Teller geworfen sondern lose links neben dem Teller abgelegt. Sie sollte dabei eine möglichst sauber gebliebene Seite aufweisen.

Dinner bitte ohne Pausenbrot
Brot jeglicher Art wird unter gar keinen Umständen geschnitten oder gar als ganze Scheibe mit Butter bestrichen, um dann kräftig reinzubeißen. Statt dessen wird es mit den Händen in mundgerechte Stücke gebrochen und zwar immer einzeln und nicht auf Vorrat. Das Messer dient ausschließlich dem Zwecke, das Brotstück mit dem dafür vorgesehenen Belag: Butter, Käse etc. zu versehen.
Brot ist Bestandteil der Speisen und deshalb gilt: mit Essen spielt man nicht, also keine Kügelchen daraus formen.

Gläser sollen glänzen
Auch wenn der Gast sein Finger im Spiel hat. Daher gilt: Weingläser immer am  Stiel anfassen, um keine Fettfinger auf dem Glas zu hinterlassen und natürlich auch, um den Inhalt nicht unnötig zu erwärmen.

Suppe – löffeln oder trinken?
Wird die Suppe im flachen Suppenteller serviert, wird gelöffelt. Kommt sie in einer Suppentasse mit zwei Henkeln, darf sie getrunken werden.

Kartoffeln zerdrücken?
Klar machen wir das gerne. Aber nur daheim. Im Lokal sollte man es, so schwer es fällt, vermeiden.

Igitt. Das geht gar nicht.
Wenn ich als Kind etwas essen musste, das mir nicht geschmeckt hat, aber ich Tante oder Oma nicht enttäuschen wollte, habe ich die Luft angehalten und es einfach runtergeschluckt. Wenn ich heute sehe, wie Gäste Essen inspizieren und ihrem Unmut lauthals Luft machen, dieses nicht zu mögen oder jenes, finde ich es gelinde unhöflich. Der Knigge gibt mir recht. Wenn was nicht schmeckt, dann dezent zur Seite schieben – oder schlucken und die Luft anhalten.


 

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