von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

“Gutes Brot”. Roswitha Huber und die Liebe zum Brotbacken

"Gutes Brot". Roswitha Huber und die Liebe zum Brotbacken
Wir lieben die Sinnlichkeit, mit der sie über Brot spricht und es nach traditioneller Herstellung im Holzofen fertigt. Wenn Roswitha Huber über “mein Brot” spricht, bekommt ein Alltagsprodukt einen neuen Stellenwert.  Hier erzählt sie ihre Geschichte. Die Geschichte des Brotbackens, von Anfang bis Ende, Von Saat bis Ernte. Dazu ein Foodhunter-Tipp: Brotfest in Rauris!


Autor Roswitha Huber, Fotos ©Foodhunter

 

“Ich backe Brot. Fast jeden Tag. Aber man kann bei mir kein Brot kaufen. Ich verkaufe Unterricht, keine Ware. Ich zeige den Leuten, die es wissen wollen, wie es geht, Brot selber zu machen. Ohne Hilfe von Technik und Chemie, ohne Strom, ohne Zusatzstoffe. Aber: ich beginne beim Mehl. Und dieses Mehl hat einen langen Weg hinter sich und basiert auf dem Vertrauen zu meinem Müller, der mir das Mehl, die Gewürze, die Körner bringt und sie bei verschiedenen Bauern in Österreich kauft.

Ich lernte viele Bauern kennen, die ihr Leben lang Getreide anbauten, aber nie ein eigenes Brot backten. Bei den meisten von uns ist es umgekehrt. Sie backen, aber haben kein eigenes Getreide. Jene, die den Weg von der Erde bis zum fertigen Brot selber in der Hand haben, sind dünn gesät in unserer supermarktsatten Welt.

Vor kurzem besuchte mich ein Wiener, der in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen ist. Er erzählte, wie seine Familie feierte, weil in Wien eine Brotfabrik errichtet wurde. Endlich billiges Brot! Auch ein Aspekt. Das Problem heute ist, dass uns billiges Brot als gutes Brot vorgesetzt wird, dass uns jenes was nur frisch aufgebacken ist als frisch verkauft wird und wir diesen Werbefachleuten nirgends entkommen. Iss nichts, wofür Werbung gemacht wird! Wer wirbt für bäuerliche Produkte? Keine Sau! Nein, auch das stimmt nicht. „ He, Bauer!,…..“es ist ein Schwein, das mit niedlicher Stimme mit dem Bauern in der Fernsehwerbung spricht. Aber sind das bäuerliche Produkte, die dieses Schwein bewirbt?

 

Brot, Foto Foodhunter

 

Ich habe Angst davor, mich auf den Boden zu begeben und diesem Boden und meiner Arbeit auf diesem Boden zu vertrauen. Was wird dabei herauskommen? Werden die Vögel die Samen fressen, die Schweine, Hühner und Kühe den Zaun kaputtmachen? Wird der Schnee den Boden ausfrieren und die Samen ersticken? Haut der Regen, der Hagel alles nieder? Und wenn alles gut geht: wie bearbeite ich mein Getreide weiter? Wie mähe, dresche, trockne ich? Kann ich das alles mit der Hand? Mir graut. Soll ich mir ein Pferd zulegen? Einen Traktor? Einen Mann, der das alles kann? Ich kann weder mit einem Pferd noch mit einem Traktor umgehen. Tatsache. Bliebe der Mann. Ich weiß nicht.

Ich bekomme Besuch von einer Freundin. Sie hat es geschafft. Sie säte zwei Kilo Roggen im letzten Herbst und durfte im Sommer ernten. Der Regen kam, der Hagel kam, die Vögel kamen. Trotzdem hat sie fünf Kilo Roggen – und Stroh, um ein paar Strohbesen zu binden. Sie kaufte einen Traktor, „Modell Museum“ und alle Maschinen, die sie für den Getreide- und Kartoffelanbau braucht und die zu diesem Uraltmodell von Traktor passen. Ich bewundere sie. Sie bietet mir ihre Hilfe an und gibt mir den Auftrag es zu tun. Das wird hart.

Mir fällt noch etwas ein. Ein Schlupfloch, um „fast-eigenes“ Brot zu bekommen. Ich werde einen Acker pachten in einer Gegend, in der Getreideanbau zum täglichen Leben gehört. Einen Acker und einen Mann und Maschinen. Rein rechtlich gesehen wäre das der Weg, wie ich mit Boden, aber ohne Wissen um diesen Boden und den Weg zum Getreide  zu meinem eigenen bäuerlichen Produkt käme. Da kann ich doch gleich das Getreide kaufen! Oder das Mehl? Oder das Brot? Nein.

Ja, muss ich denn tatsächlich mit diesem alten Mist wieder beginnen (Ja- natürlich!) und ganz von vorne anfangen???  Ja, ich muss. Wenn ich ein, nein, mein bäuerliches Produkt in der Hand halten will. Wenn ich es selber in der Hand haben will, was das für ein Brot ist, mein Brot. Es wird harte Arbeit  werden- und schön- und sehr sehr gut! Ich bin bereit.”

 

FOODHUNTER-TIPP
Jedes Jahr im Spätsommer: BROTFEST IN RAURIS

„Das goldene Tal der Alpen“ nennt sich das Raurisertal mit seinen Seitentälern. Kaum treffliche ließe es sich formulieren, denn die Hügel neigen sich hier anmutiger als anderswo. Im September haben wir den malerischen Landstrich besucht, auf Anregung der engagierten Brotbäckerin und Buchautorin Roswitha Huber. Sie organisiert seit zwei Jahren das jährliche Brotfest in Rauris, ein inzwischen internationales Treffen der Holzofenbrotbäcker, die selbst aus der Ukraine, Irland und den USA anreisen und ihr Handwerk zeigen.

Auf die Idee kam Roswitha, weil es immerhin noch 23 funktionierende Holzbacköfen im Raurisertal gibt und sie selbst mit ihrer „Schule am Berg“ dafür Sorge trägt, die Kunst des Brotbackens am Leben zu halten. Dass sie damit den Zeitgeist trifft, zeigt die Resonanz auf ihr Brotfest: 2009 noch auf der beschaulichen 1.200 Meter hoch gelegenen Kalchkendlalm, seit 2010 auf dem großen Marktplatz in Rauris. Lust aufs Brotbacken? Infos unter www.raurisertal.at oder www.schule-am-berg.at

 

Brotfest Rauris, Foto Foodhunter

 

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