Trends kommen und gehen. Viele sternegekrönte Teller durften wir verkosten. Viele aufwendig komponierte Gerichte. Oft überhäuft von Komponenten. Überforderung des Gaumens. Das macht einen Geschmack „vergessbar”, so teuer und feudal er auch gewesen sein mag.
Gute Küche bleibt was sie ist. So ist unser Besuch in einer österreichischen Bastion der Kochkunst eine für uns fast beschämende Gaumenfreude, warum haben wir uns nicht längst auf den Weg auf diese Insel gemacht, die Insel der Auszeit, wie Karl und Rudi Obauer ihr Restaurant selbst nennen. Dieser Abend bereichert das kulinarische Gedächtnis der Gäste ungemein. – Auch und vor allem das der Vegetarier!
Autorin Sabine Ruhland,
Fotos ©foodhunter
Werfen bei Salzburg, ein kleiner Ort, der einen großen Namen beherbergt, das erinnert an Haeberlin und das kleine Illhäusern im Elsass. Denn auch bei den Obauers ist das Hotel-Restaurant ein Familienbetrieb, seit Jahrzehnten.
Genauso lange gehören Karl und Rudi Obauer zur Elite der Köche. Obwohl in die Töpfe der klassischen Haute Cusine geschaut, kochen die beiden längst ihr eigenes Süppchen: die Haute Cuisine Alpine ist daraus entstanden. Viel regionale Geschmackspower und kein Chichi.
Mag beim Entrée der Eindruck eines in Damaststeife erstarrten Sterne-Lokals entstehen, ist dieser wie weggeblasen, wenn die Obauers auf der Bildfläche erscheinen.
Da zeigt Rudi Obauer den Gästen gerne die vor wenigen Tagen selbst gesammelten Habichtspilze, die später, frisch oder getrocknet, die ein oder andere Speise verfeinern oder führt allzu Neugierige in seine Keller. Eingelegtes,
Abgehängtes, Getrocknetes, Frisches. „Kräuter-Büschel, die kopfüber zum Trocknen herunterhängen sind reine Dekoration, denn sie bringen kaum Geschmack”, sagt Obauer. „Kräuter wollen an schattigen Plätzen mit Umluft getrocknet werden.”
Blutwurz ist das letzte Kraut, das er „einfährt” bevor der Schnee kommt. Mit Wurzel ausgraben, kochen und in einen guten Herzog-Schnaps einlegen, empfiehlt der Chef, der uns ausnahmsweise seine Lagerräume zeigt. Sämtliche Behältnisse und Gläser sind umfunktioniert. Nichts, was es hier nicht gäbe.
Zurück am Tisch, wird aufgefahren, 6 Gänge. Wir kriegen eine „Extrawurst” – vegetarisches Menü.
Fisch? Ja, Fisch und Meeresfrüchten sind wir zugeneigt. So wird uns ein Bachforellen-Strudel zuteil, der inzwischen schon ein Obauer-Klassiker ist. Die säuerliche Veltliner-Sauce passt hervorragend zu Strudel und gedämpftem Saibling. Der Magen fühlt sich wohlig und dieses Gefühl steigert Obauer von Gang zu Gang.
Blumenkohl mit Parasol – einer unserer Lieblingspilze – Schwarzbrotbrösel und Fenchel. Im Anschluss der unvergessliche Schwarzbeersaft-Risotto …
Längst ernten die Vegetarier am Tisch aufmerksame Blicke von den Besitzern der gesurten Schweinebackerl, Blutwursttascherl und dem Werfener Lamm.
Das Dessert vereint wieder alle – auch im Geiste. Obauer ist für Leib und Seele und Gewinn und wahrlich nicht alle Spitzenrestaurants können das von sich behaupten.
Hotel & Restaurant Obauer
Markt 46
A-5450 Werfen