Raymonde drückt einen fünf-Kilo-Laib Raclette an ihren Busen und säbelt ihn geschickt mit einem blitzenden Metzgermesser in zwei Hälften. Eine davon legt sie vor das Holzfeuer im Zentrum ihres Lokals und wartet, bis der Käse zu schmelzen beginnt. So, und nur so, isst man Raclette richtig.
Autor Karin Lochner, Fotos Peter von Felbert
Ein Walliser Winzer, so die Legende, hat das Raclette erfunden. Er erwärmte an einem kalten Tag ein Stück Käse über dem offenen Holzfeuer, statt ihn roh zu essen. Ein besonders feiner Käse, der Walliser Raclette AOC, wird heute noch nach einem überlieferten Rezept hergestellt. Michel Métraillen produziert ihn seit über 30 Jahren im beschaulichen Dorf Les Haudères im Tal Val d‘Hérens. „Les Hauderes AOC Laibe werden erst nach neun Monaten Reifezeit zum Raclette aufgetischt. Nach neun Monaten erst!“ Wo können wir seinen Käse denn als Raclette probieren? Zum Beispiel bei Raymonde.
Raymonde betreibt in dritter Generation die Wirtschaft „Aux Vieux Mazot“ in Evolène, wenige Minuten von der Käserei entfernt. Raclette gibt es immer. Wir bestellen die Schweizer Spezialität. Über die kleinen Pfännchen hierzulande, die puppenhaften Schaber und Heizquellen in Teelichtgröße lächelt sie wie eine nachsichtige Mutter über die ersten tollpatschigen Kochversuche des Nachwuchses.
Raymonde drückt einen fünf-Kilo-Laib an ihren Busen und säbelt ihn geschickt mit einem blitzenden Metzgermesser in zwei Hälften. Eine davon legt sie vor das Holzfeuer im Zentrum ihres Lokals und wartet, bis der Käse zu schmelzen beginnt. Mit dem gefährlich scharfen Messer streicht Raymonde die geschmolzene Käseschicht auf einen Teller und serviert dazu Pellkartoffeln, Essiggurken und Silberzwiebeln. Nie zuvor hat Raclette besser geschmeckt. Schade nur, dass wir zuhause keine offene Feuerstelle aufweisen können.
Gute Adressen
Käser Michel Métraillen
Laiterie Centrale d’Evolène
CH-1984 Les Haudères
Raymonde
Aux Vieux Mazot
CH-1983 Les Haudères
