von foodhunter
Kategorie: Esskultur

Interview: Sven Elverfeld, 3 Sterne

Interview: Sven Elverfeld, 3 Sterne
Sven Elverfeld

Sven Elverfeld ist mitten in der Nacht zum Sonntag mit einem Team aus Wolfsburg in die Oberpfalz angereist. An seinem freien Tag. Um 3 Uhr früh kamen sie an. Noch schnell Bier und Brotzeit, dann ins Bett. Am nächsten Tag lud die Burg Wernberg zum Kastellfest mit ihm als Gastkoch. Am späten Nachmittag war bis aufs Dessert alles gelaufen. Kurze Pause auf dem Balkon. Zeit für ein Interview.  

 

Autor Sabine Ruhland, Fotos ©foodhunter

 

 

Sie haben 3 Sterne. Welcher Stern hat Sie am meisten gefreut?


Jeder Stern war ein großer emotionaler Moment. Der Erste sicher ein Meilenstein, denn schließlich habe ich mich im Aqua als Chefkoch beworben, war ein unbeschriebenes Blatt und das Restaurant noch eine Baustelle. Aber in meinem Kopf stand fest: ein Stern muss her.

 

Haben Sie das in Ihrer Bewerbung geschrieben?


(lacht) Nein.

 

Nun kürzlich war ohnehin in einem Interview zu lesen, Sie hätten den dritten Stern „gewonnen“. Wo gibt’s denn die Lose, das erleichtert doch vieles?


(schmunzelt) Was soll ich sagen, Journalisten schreiben manchmal wirklich einen ausgemachten Blödsinn. Da mag man fast keine Interviews mehr geben – ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen.

 

Schon gut.  Ich hab den Unsinn ja nicht verzapft. Aber mal ernsthaft: nach dem ersten Stern, den zweiten im Visier, dann den dritten?


Mein Ziel war ganz klar ein Stern. Aber als ich es erreicht hatte, kam noch mehr Spaß in die Küche, noch mehr Lust am Kochen und Experimentieren. Damit auch automatisch der Erfolg.  Alle weiteren Sterne nach dem ersten waren längst nicht mehr mit gleichem Ehrgeiz angestrebt wie der erste.

 

Thomas Kellermann kocht in unseren Augen auch göttlich – jetzt mal ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen – und hat „nur“ einen Stern. Eigentlich manchmal für den einfachen Genießer schwer erkennbar, warum wer wie viele Sterne bekommt.


Ich gebe Ihnen Recht, dass manche Entscheidungen nicht objektiv erklärbar sind.  Gut, dass Gäste mit ihrer subjektiven Meinung und ihrem persönlichen Geschmack entscheiden, was sie mögen und was nicht. Sterne können Neugierde wecken, wann und in welcher Form sie welchen Gast befriedigen ist eine ganz andere Sache.

 

Was war der Unterschied bei Ihnen zwischen 2 und 3 Sternen – was führte dahin?


Wenn es dafür ein klassisches Rezept gäbe, ich würde es Ihnen sagen. Kann ich nicht, denn wie gesagt, es war ja schon außerhalb meiner Ziellinie.

 

Gibt es etwas, das Sie woanders nie bestellen oder essen würden?


Nieren. Die konnte meine Mutter einfach am besten. Die wenigsten wissen, dass Nieren vorher in Milch eingelegt werden müssen. Also das ist ein Gericht, das ich niemals bestellen würde, wenn es auf der Speisekarte steht

 

Hat Sie nun mehr Ihre Mutter geprägt oder doch eher Dieter Müller?


(amüsiert) Wissen Sie, dieses ewige Vergleichen mit Handschriften – lassen wir meine Mutter mal an dieser Stelle beiseite – mag ich nicht. Ich will nicht jemandes Handschrift haben, so großartig die auch sein mag. Mir war immer wichtig, dass ich einen charakteristischen Stil finde, der nicht hier an diesen Koch, dort an jenen erinnert.

 

Ursprünglich haben Sie Konditor gelernt. Was ist davon noch übrig?


Konditor und Koch, das mal vorneweg. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: vor allem das filigrane Handwerk. Deshalb sehen meine Teller heute so aus wie sie aussehen.

 

Warum sieht man Sie eigentlich nie im Fernsehen? Es macht den Eindruck, als ob die Kochsendungen dringend frisches Blut bräuchten.


Ich bin mir sicher, dass in der 2- bis 3-Sterne Kategorie Gäste dem Koch eine stetige Präsenz in den Medien nicht mehr abnehmen und ein solche weder honorieren oder gut heißen. Meine Arbeit ist am Herd und nicht vor der Kamera.

 

 

Heute haben Sie mit Thomas Kellermann zusammen ein Gourmet-Menü gezaubert. Konnte er Sie  überraschen?


Thomas überrascht mich oft. Heute war es die Kirsche zum Reh.

 

Das Reh durften auch wir kosten, es war exzellent wie kaum eines zuvor.


Stimmt. Nicht nur der richtige Lieferant, auch Garzeiten und der gesamte Umgang mit diesem Fleisch waren einfach perfekt. Es ärgert mich zum Beispiel maßlos, wenn ein schlechter Koch gute Ware in die Hände bekommt, was leider heutzutage oft der Fall ist.

 

So nach dem Motto „schreit nicht nach guten Produkten, schreit nach guten Köchen?“


 Ja, durchaus. Denn in der Küche passieren die Fehler. Falsch geschnitten, falsch zubereitet, lieblos kombiniert – schnell wird aus einem hervorragenden Stück Fleisch eine Katastrophe.

 

Sie haben auch Ihre Produzenten?


Selbstverständlich, das ist für die Spitzengastronomie unabdingbar. Auch ich habe einen eigenen Jäger und viele Lieferanten, die mir genau die Qualität bieten, die ich brauche. Das ist ein Entwicklungsprozess und geht nicht von heute auf morgen.

 

Wenn eine Frau Sie mit einem Essen verführen will, was sollte Sie kochen?


Egal, wenn es nur gut ist. Das kann ein raffinierter Salat sein oder feine Pasta. Das ist mir wirklich nicht so wichtig. Aber wichtig ist, dass sie kein „Stängelchenesser“ ist. Frauen die keine Leidenschaft für Essen haben, aus welchen Gründen auch immer, das ist nichts für mich.

 

Ein schöneres Schlusswort hätten Sie uns nicht bescheren können. Vielen Dank.  

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